
Vom Leben geformt
Einen Einblick in das umfangreiche Werk der international renommierten Künstlerin und Bildhauerin
Simone Fattal präsentiert die Ausstellung „metaphorS“ in der Wiener Secession, in deren Zentrum die
beeindruckende Werkgruppe „Guerriers“ steht. Die fünf mehr als einen Meter großen Figuren aus
gebranntem Ton stehen sinnbildlich für die vielfachen und komplexen Inspirationsquellen, aber auch für
eigene Kriegs- und Fluchterfahrungen der 1942 in Damaskus geborenen und im Libanon
aufgewachsenen Fattal.
Simone Fattal studierte Philosophie in Beirut und Paris, kehrte 1969 in die libanesische Hauptstadt
zurück, wo sie zu malen begann und ihre Lebenspartnerin, die Künstlerin Etel Adnan, kennenlernte.
Nach Ausbruch des Bürgerkrieges im Libanon blieben die beiden zunächst in Beirut, entschlossen sich
1980 jedoch für einen Umzug nach Kalifornien. Mit ihrem eigenen Verlag „The Post-Apollo Press“
verlegte sie innovative und experimentelle Literatur, Ende der 1980er-Jahre beendete sie ihre
künstlerische Pause und begann erste Keramikskulpturen herzustellen.
Simone Fattal beschäftigt sich intensiv mit der Geschichte und Kultur des Nahen Ostens, lässt Epen,
aber auch religiöse Figuren in ihre Kunst einfließen, darunter Dionysos und Gilgamesch, Adam und Eva.
Ihre tiefe Verbundenheit mit ihrer Heimatregion kommt auch durch ihr Interesse an Archäologie und
historischen Ausgrabungsstätten zum Tragen.
Ihre medienübergreifende Kunst entwickelte Fattal im Laufe der Jahre weiter: Mit der Malerei hatte sie
bereits während ihrer Zeit in Beirut begonnen, wo sie an zahlreichen Ausstellungen teilnahm. Ende der
1980er-Jahre schrieb sie sich am San Francisco Art Institute ein und entwickelte dort ihr Interesse an der
Bildhauerei und insbesondere an Arbeiten mit Ton. Ihre eigenen Erlebnisse und Migrationserfahrungen
kombinierte sie in Collagen mit den Umbrüchen in ihrer Heimat.
In der Ausstellung werden Skulpturen, Gemälde und Collagen aus verschiedenen Schaffensperioden zu
sehen sein. Die eingangs beschriebene Werkgruppe „Guerriers“, ursprünglich im südfranzösischen
Grasse entstanden, ist in der Ausstellung in der Secession erstmalig außerhalb des Libanon zu sehen,
da sie Teil einer Privatsammlung ist.
Ebenfalls gezeigt wird eine Serie kleinformatiger, abstrakter Malereien, sowie zwei neu entstandene
Bilder einer Flusslandschaft in St. Gallen aus dem Jahr 2023. In älteren Bildern verarbeitete Fattal
oftmals Gärten und Landschaften ihrer Kindheit.
Die Künstlerin ist mit ihren Arbeiten in zahlreichen Sammlungen vertreten und hat vielfach an
internationalen Ausstellungen teilgenommen. Unter anderem war sie mit einigen ihrer Tonfiguren 2022
auf der Biennale von Venedig vertreten.
Die umfangreiche Ausstellung gewährt Einblicke in das Lebenswerk Simone Fattals und ist eine seltene
Gelegenheit, die Werkgruppe „Guerriers“ in einer Ausstellung zu betrachten.
Simone Fattal. metaphorS
21.6. – 8.9.2024
Wiener Secession
Friedrichstr. 12
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-5875307
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 7,50 – 10 €
www.secession.at
Text: Karin Gerwens
Bild: Wiener Secession
Erstveröffentlichung in kunst:art 98