Ozean zwischen Tibet und San Francisco
Die programmatische Ausrichtung auf Medienkunst ist im Nordwesten das Alleinstellungsmerkmal des Oldenburger Edith-Russ-Hauses: Das „Haus für Kunst im Übergang ins neue Jahrtausend“, wie es etwas pathetisch im Jahr 2000 die Gründungsurkunde der Stiftung einer vormaligen Oldenburger Lehrerin formulierte (deren Rolle im Nationalsozialismus unlängst in den kritischen Blick geriet), sollte all den Entwicklungen ein Forum bieten, die die neusten technischen Mittel für eine Erweiterung der künstlerischen Möglichkeiten nutzen. Technologie, Kunst und Gesellschaft waren (und werden) als interdependente Faktoren gedacht.
Die internationale Ausrichtung war von Beginn an für das Programm des Edith-Russ-Hauses für Medienkunst zentral. Tenzin Phuntsog setzt diese Perspektive fort: Der tibetisch-amerikanische Künstler und Filmemacher gehört zur ersten Generation tibetischer Exilanten, die im Ausland geboren wurden und daher die Heimat der Eltern nur aus Erzählungen und Bildern kennt. „Gyatso“, der Titel seiner Oldenburger Schau, meint im Tibetischen die „Vorstellung von Weite und Tiefe“, die mit dem Ozean verbunden ist. Und der blieb als physisches Phänomen vom traditionellen Tibet aus naturgemäß nur imaginäre Größe, war aber als Metapher in spirituellen Texten wichtig. Tenzin Phuntsog, der heute in San Francisco lebt, erhielt im Vorjahr eines der Stipendien für Medienkunst, die die Stiftung Niedersachsen im Haus für Medienkunst auslobt.
Tenzin Phuntsog. Im Pulverturm: Gyatso
7.9. – 27.10.2024
Edith-Russ-Haus
Katharinenstr. 23
D-26121 Oldenburg
Tel.: +49-441-2353208
Di – Fr 14 – 18 Uhr, Sa + So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 2,50 €, erm. 1,50 €
www.edith-russ-haus.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Edith-Russ-Haus
Erstveröffentlichung in kunst:art 99