Kindeskinder

Esther Strauß (* 1986) hat ein ganzes Bündel von Themen, die mit Ethik und Moral, Schuld und Verantwortung, Familie und Fremden, Tod und Leben zu tun haben. In ihrer ersten großen institutionellen Ausstellung im Taxispalais in Innsbruck zeigt sie die ganze Bandbreite mittels Performance, skulpturaler Kunst und Fotografie. Dabei werden sowohl neue Arbeiten präsentiert als auch ältere Werkgruppen.
Ein immer wiederkehrendes Motiv der Arbeiten von Esther Strauß sind die Verbrechen des Nationalsozialismus und ihre Folgen bis in die heutige Zeit. Dabei geht es um grundsätzliche Fragen der Verantwortung des Staates und der Gesellschaft früher und heute, aber auch um ganz Privates: Wie gehen Kinder der Täter von damals mit der Verantwortung um und werden Kinder der Opfer wieder zu Opfern? Es geht der Künstlerin nicht darum, dem Betrachter Antworten und Lösungen zu verordnen, sondern Fragen aufzuwerfen. Die titelgebenden Kindeskinder sind wir alle. Ob Kindeskinder von Tätern, von Opfern oder von Unbeteiligten.
Das Thema Kindeskinder beinhaltet nicht zwangsläufig den Tod, zentral und zwingend aber die Geburt. Esther Strauß ist dabei direkt und ungewöhnlich zurückhaltend zugleich. Ein Geburtskleid aus Baumwolle mit dem Titel „Schweiß, Blut, Urin, Milch, Kot“ zeigt dezent mit dem Kunstwerk, deutlich aber im Titel, dass der Akt der Geburt für Mutter und Kind kein reines Vergnügen ist, sondern dass es um Arbeit, Schmutz und Körperflüssigkeiten geht.
Esther Strauß. Kindeskinder
6.12.2024 – 2.3.2025
Taxispalais Kunsthalle Tirol
Maria-Theresien-Str. 45
A-6020 Innsbruck
Tel.: +43-512-59489401
Di – So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 20 Uhr
Eintritt: 6 €, erm. 4 €
www.taxispalais.art
Text: Christian Corvin
Bild: Esther Strauß, Schweiß, Blut, Urin, Milch, Kot, 2024
Erstveröffentlichung in kunst:art 101