Immer noch voller Rätsel
Kaum zu glauben, aber Neo Rauch wird nun auch schon 65 Jahre alt … In einer der wichtigsten und ältesten der ihn bis heute vertretenden Galerien, bei Harry Lübkes Eigen+Art, genauer deren Leipziger Filiale, lässt uns der 1960 vor Ort geborene Künstler im Jubeljahr seine „Stille Reserve“ in Augenschein nehmen. Im Rahmen des Frühjahrsrundgangs in den Spinnereigalerien – auch sie feiern dieses Jahr ein Jubiläum, das zwanzigste – begegnet uns ein Maler, der früh seine ganz spezifische und unverwechselbare Sprache gefunden hatte. Eine Figürlichkeit, die realistische Prinzipien benutzt, um ganz offenkundig Unrealistisches zu erzählen: Das war immer spannend, denn einerseits waren bei diesen Montagen und fantastischen Tableaus die Deutungsfreudigen und Kunstgeschichtskundigen herausgefordert, die reichlich verstreuten Zitate zu erkennen und Bezüge zu konstruieren – andererseits blieb das Ganze derart rätselhaft und widersprüchlich, dass zu finalen Schlüssen kaum zu kommen war.
In der vor Jahren lauthals geführten öffentlichen Debatte um eine möglicherweise (zu) konservative Gesinnung des Künstlers bewährte sich diese Strategie: Rauch war und blieb einfach jemand, der auf seine künstlerische Autonomie pochte, zum Glück! Auch die neuen Arbeiten schweben in einer eigentümlichen Zwischenwelt von vager Geschichtlichkeit – Figuren, die wie aus alten Lehrbüchern entsprungen scheinen – und einer leicht endzeitlich eingefärbten ewigen Gegenwart.
Neo Rauch. Stille Reserve
3.5. – 5.7.2025
Galerie EIGEN + ART Leipzig
Spinnereistr. 7. Halle 5.
D-04179 Leipzig
Tel.: +49-341-9607886
Di – Sa 11 – 18 Uhr
Eintritt frei
www.eigen-art.com
Text: Dieter Begemann
Bild: Galerie EIGEN + ART Leipzig
Erstveröffentlichung in kunst:art 103
