Manierist aus der DDR
Anlässlich seines 20. Todestages widmet sich das MdbK dem Œuvre von Werner Tübke (1929–2004), dessen nahezu gesamten Nachlass das Museum seit 2022 betreut. Neben Gemälden und Grafiken als Dauerleihgaben der Tübke Stiftung Leipzig sind auch einige nationale wie internationale Leihgaben zu sehen. Fokussiert werden in der von Frank Zöllner kuratierten Ausstellung jene Arbeiten Tübkes, die einen Bezug zu Italien aufweisen. Mehrmals unternahm der einstige Rektor der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig (1973‒76) Reisen nach Italien, um dort die Renaissance- und Barockkunst sowie den Manierismus zu studieren. Ortsspezifische Bezüge zu Venedig, Mailand, Florenz, Rom, Capri oder Sizilien spiegeln sich in seinen Werken ebenso wider wie jene Relationen zu italienischen Künstlern – allen voran die Florentiner Manieristen wie Agnolo Bronzino oder Jacopo da Pontormo, von denen ebenfalls Werke als Gegenüberstellung zu sehen sind.
Die Theatralik der Pose mit ihrem überspitzten, bisweilen heroischen Muskelspiel, die Einbindung von mysteriösen Allegorien und die auffälligen Farbkontraste sind nur einige stilistische Mittel, die Tübke der Manier der italienischen Künstler des 16. Jahrhunderts entlehnte. In seinen Selbstinszenierungen – etwa das ausgestellte „Selbstbildnis mit roter Kappe von 1988“ – spielt Tübke bewusst und sehr selbstbewusst mit der damaligen italienischen Etikette. Zwischen Exzentrik und kunsthistorischen Reminiszenzen, zwischen Künstlertum und politischem Auftrag der sozialistischen Staatsmacht oszilliert sein überaus spannendes Werk, welchem der Mailänder Galerist Emilio Bertonati 1971 mit einer Einzelausstellung zu internationalem Renommee verhalf.
Tübke und Italien
bis zum 16.6.2024
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstr. 10
D-04109 Leipzig
Tel.: +49-341-216990
Di 10 – 18 Uhr, Mi 12 – 20 Uhr, Do – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 4 €
www.mdbk.de
Text: Paula Wunderlich
Bild: Museum der bildenden Künste Leipzig
Erstveröffentlichung in kunst:art 97