Ein Fest in der Villa Hügel

11.4. – 27.7.2025 | Villa Hügel

Gerhard Richter, Mutter und Tochter, 1965 (Ludwiggalerie Schloss Oberhausen)

Ein grandioses Rendezvous

Die Ruhr-Region hat das Glück, dass man hier beinahe einen Monat lang tagtäglich ein neues Museum besuchen kann (montags exklusive) – denn es sind nicht weniger als 21 an der Zahl und selbstverständlich hat jedes ein eigenes Programm. 2010 haben sie sich im Rahmen von RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas zu einem Bund zusammengefunden und jetzt, im Frühjahr 2025 dürfen sie ihr 15-jähriges Jubiläum mit einer grandiosen Präsentation in der Essener Villa Hügel feiern.

Es ist ein beispielloses Zeugnis eines überwältigenden Engagements der kunstliebenden Bürgerinnen und Bürger hauptsächlich aus dieser Region, das es den 21 Museen erlaubt, an die 150 Ausstellungen auf 45.000 Quadratmetern in 16 Städten jährlich zu präsentieren – macht 2250, seit dem die Region zu den Kulturhauptstädten Europas gehört. In diesem Jubiläumsjahr hat man beschlossen, eine gemeinsame Schau in der Villa Hügel in Essen zu veranstalten, für die herausragende Werke der 21 Museen so präsentiert werden, dass sie in einen inspirierenden, oft auch überraschenden Dialog miteinander treten. Dabei wurden für zehn Ausstellungsräume die verschiedenen Arbeiten so ausgewählt, dass sie zu den Juwelen der jeweiligen Sammlung gehören und nicht selten zwischen den verschiedenen Gattungen – Fotografie, Malerei, Grafik, Skulptur und Multimedia-Installationen changieren. An die 400 Werke, unter anderem von Paula Modersohn-Becker und Gerhard Richter, treten also in einen Dialog, der um so anregender ist, je ausführlicher man sich im Vorfeld die digitale Version (www.21×21.de) anschaut.

So lässt sich beispielsweise besser verstehen, wie Wolf Vostell auf den Bau der Berliner Mauer reagiert – die Arbeit entstand drei Jahre nach der Teilung Deutschlands: Sie nimmt als Basis die Hinweistafel am Checkpoint Charlie und integriert dort Bilder von Panzern, anderen Straßenschildern, Stacheldraht, Grenzsoldaten, sowie Politikern zu einer gedruckten Collage, die dann mit Pinsel und Farbe verfremdet wurde. Demgegenüber steht das Bild von Karl Otto Götz, sehr viel abstrakter: Die energiegeladene Malgestik mit schwarzen, weißen und blauen Farbverwirbelungen zeigt das Aufeinanderprallen oft antagonistischer Kräfte, wie er sie persönlich erfahren hatte. „Réunion“ (Vereinigung) ist der französische Titel, der die konträren politischen Kräfte gestisch darstellt.

Zur Grundidee dieser Ausstellung gehört auch, dass neben dem ästhetischen Empfinden auch dem Nachdenken freier Lauf gelassen wird, um die jeweiligen Intentionen und letztendlich auch künstlerischen Beweggründe zwischen den korrespondierenden Kunstwerken besser zu verstehen.

Die Bandbreite der Positionen reicht von Arbeiten der klassischen Moderne bis hin zur unmittelbaren Gegenwart. Neben großen Namen sind auch regionale Positionen und Künstlergruppen zu sehen, die eng mit dem Ruhrgebiet verbunden sind. Für manche ein Novum, in der Villa Hügel jedoch überraschend eine wunderbare Show, die zum Nachdenken – bei gleichzeitigem ästhetischen Genuss – einlädt.

Dr. Milan Chlumsky ist freier Kurator, Kunstkritiker und Fotohistoriker.

21 x 21. Die Ruhr Kunst Museen auf dem Hügel
11.4. – 27.7.2025
Villa Hügel
Hügel 1
D-45133 Essen
Tel.: +49-201-6162917
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 5 €
www.villahuegel.de

Text: Dr. Milan Chlumsky
Bild: Villa Hügel
Erstveröffentlichung in kunst:art 103