
Von lautloser Versunkenheit
Am 17. April 1907 wurde Paul Eliasberg als Sohn des russisch-jüdischen Autors und Übersetzers Alexander Eliasberg geboren. Zunächst in Berlin begann Eliasberg 1924 sein Kunststudium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste im Fach Gebrauchsgrafik, bis er 1926 nach Paris emigrierte, wo er sein Studium 1930 an der Académie Ranson als Meisterschüler von Roger Bissière (1886–1964) beendete.
Erst 1947 wurde Eliasberg französischer Staatsbürger, diente zuvor bereits in der französischen Armee (1939–1940) und schloss sich während der deutschen Besatzung der Résistance an. Paul Eliasberg starb am 10. Januar 1983 in Hamburg und hinterließ ein mannigfaltiges Œuvre reich an Radierungen, Zeichnungen und Aquarellen, die sich vornehmlich sakralen Innenräumen – insbesondere gotischen Kirchen – sowie natürlichen Landschaften, inspiriert von den griechischen Inseln und Venedig, widmen.
2024 erhält das Städtische Museum Braunschweig eine großzügige Schenkung von Danielle Eliasberg, der Tochter des Künstlers, die dem Museum 272 Radierungen und 15 Aquarelle von Eliasberg sowie ein Konvolut mit 28 Druckgrafiken und fünf Zeichnungen anderer Künstler vermacht.
Nachdem Eliasberg 1959 seine erste große Retrospektive in Deutschland hatte, gewährt nun die aktuelle Schau anhand von rund siebzig Werken erneut einen umfangreichen Einblick in sein Schaffen und spannt einen neuen dialogischen Bogen, indem seinen Arbeiten jene Neuinterpretationen von Studierenden der Hochschule für Bildende Künste (HBK) gegenübergestellt werden.
Man kommt bei Eliasbergs Arbeiten mit betonter Linie und unwirklicher Perspektive nicht umhin, an Lyonel Feininger, Paul Klee, James McNeill Whistler oder die Capricci von Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) zu denken, die sich durch einen spielerischen Umgang mit Groß und Klein sowie durch Verkürzungen der Perspektiven und Dimensionen der Einzelobjekte auszeichnen. Zutiefst berührt und inspiriert hat Eliasberg jedoch der italienische Künstler Giorgio Morandi (1890–1964).
Motivisch unabhängig sind seine Landschafts- und Architekturdarstellungen stets von einer stillen und bescheidenen, bisweilen andächtigen und sensiblen Stimmung geprägt. Bei seinen visuellen Erkundungen der räumlichen Strukturen setzt er in den Architekturbildern auf vertikale Akzente, wohingegen seine Landschaften – abgesehen von den vertikalen Elementen der Steilküsten der Normandie – durch tiefen Horizont und weiten Ausblick bestimmt sind.
Form, Farbfelder, Striche und Konturierung werden oftmals so eingesetzt, dass ein flirrender, nahezu schwebender Zustand – ähnlich der Atmosphäre an einem heißen Sommertag – evoziert wird. Der Akt des Zeichnens blieb immerfort Ausgangspunkt seines künstlerischen Schaffens; das Ausloten von Fläche und Linearität blieb ein omnipräsentes Mittel als Praxis der Vergegenwärtigung. Als Resultat entstanden zeitlose Bildnisse, die zwar von Abstraktion, doch nie von völliger Gegenstandslosigkeit geprägt sind.
Dr. Denise Susnja lebt und arbeitet bei Köln.
Paul Eliasberg. Verzauberte Räume
1.7. – 5.10.2025
Städtisches Museum Braunschweig
Haus am Löwenwall
Steintorwall 14
D-38100 Braunschweig
Tel.: +49-531-4704521
Di – So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 2,50 €
www.braunschweig.de/museum