Weltweit größte Duchamp-Retrospektive in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt 

10.10.2025 – 11.1.2026 | Schirn Kunsthalle Frankfurt

Suzanne Duchamp, Konstruktion / Stadtlandschaft, 1913

Wer ist Suzanne Duchamp?

Frida Kahlo und Niki de Saint Phalle sind glückliche Ausnahmen. Denn viele Künstlerinnen, die im Umfeld berühmter Männer erfolgreich waren, wurden nach ihrem Tod von der Kunstgeschichtsschreibung in die Verbannung geschickt.

Dank eines ausgeprägteren Bewusstseins bei Experten und Publikum treten die Vergessenen heute – mit selbstbestimmten, wissenschaftlich beleuchteten Positionen – in monografischen Ausstellungen aus dem Schatten ihrer Ehemänner, Väter und Brüder heraus. Und das Feld möglicher Wiederentdeckungen, die bis in die frühe Neuzeit zurückreichen können, bleibt spannend.

„Wer ist Suzanne Duchamp?“, fragte sich zum Beispiel die Kunsthistorikerin Talia Kwartler, die sich darüber wunderte, dass der Name dieser in ihren Lebzeiten durchaus bekannten Malerin und Schwester von Marcel Duchamp nur noch wenigen geläufig und Quellenmaterial rar war. Kwartler begann zu forschen und schrieb ihre Doktorarbeit über Suzanne Duchamp am University College London. Jetzt sind ihre Ergebnisse in die bislang umfassendste Retrospektive der Künstlerin eingeflossen, die sie zusammen mit Cathérine Hug im Kunsthaus Zürich kuratierte und die in diesem Herbst nun in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt zu sehen ist.

Suzanne Duchamp (1889–1963) wuchs in einem kreativen Umfeld auf und wurde von ihren älteren, erfolgreichen Künstlerbrüdern, zu denen auch Jacques Villon und Raymond Duchamp-Villon zählten, inspiriert und gefördert. Besonders engen Kontakt hatte sie zu Marcel Duchamp, der während des Ersten Weltkriegs in die USA emigrierte und dem sie von Paris aus bei der Realisierung einiger Readymades half.

Nachdem Suzanne Duchamp zunächst mit kubistischen Ansätzen in Porträts und Interieurs experimentiert hatte, schloss sie sich 1916 der Dada-Bewegung an und schuf außerordentlich fantasievolle, geometrisch angelegte Bild-Schrift-Kombinationen. Diese entwickelte sie aus grafisch-zeichnerischen Elementen, aus objets trouvés sowie ungewöhnlichen Wortspielen und Titeln heraus – wie etwa die „Fabrik meiner Gedanken“, die „Zerbrochene und wiederhergestellte Multiplikation“ oder der „Einsamkeitstrichter“.

1919 heiratete Duchamp in zweiter Ehe den ebenfalls in der Dada-Bewegung aktiven Schweizer Künstler Jean Crotti (1878–1958), mit dem sie bis zu dessen Tod zusammen ausstellte. Allerdings ging sie stilistisch eigene Wege, als sie 1922 zur gegenständlichen Malerei zurückkehrte und nun relativ groteske, vordergründig naiv wirkende mehrfigurige Bilder kreierte.

Kuratorin Kwartler erkennt in diesen Werken die gleichen Charakteristika, die ihrer Meinung nach Duchamps gesamtes Werk durchziehen, nämlich Humor und Rätselhaftigkeit. Sie finden sich auch in den Landschaften und späten abstrakten Arbeiten, mit denen die Malerin in Frankreich und später in den USA vertreten war. „Die Freiheit der Inspiration und die Rigorosität der Ausführung meiner Dada-Werke ließen mich mit unabhängigem Geist zurück“, so die Künstlerin.

Julia Behrens ist Kunstjournalistin und hat ihre Doktorarbeit über Künstlerateliers geschrieben.

Suzanne Duchamp. Retrospektive
10.10.2025 – 11.1.2026
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Gabriel-Riesser-Weg 3
D-60325 Frankfurt am Main
Tel.: +49-69-2998820
Di – So 10 – 19 Uhr, Do 10 – 22 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 10 €
www.schirn.de