Artsplash | Die Entführung des Ingvar Kamprad

Artsplash 27.06.2016

© Kill Billy

Ja, man kann die Wut von Möbelhausbesitzer Harold (Björn Sundquist) in Norwegen verstehen, als er alles verliert. Nebenan hat nämlich ein IKEA eröffnet. Geben sich Harold und seine Frau Marny (Grethe Selius) am Anfang noch kämpferisch, stehen sie am Ende vor dem Ruin. Aber damit nicht genug, Marny ist von Demenz gezeichnet und stirbt. In Harold, der nichts mehr zu verlieren hat, reift die Idee, sich an dem Menschen zu rächen, der ihm das angetan hat: IKEA-Gründer Ingvar Kamprad.

In seinem alten klapprigen Saab, der ihm trotz Pfändung noch geblieben ist, macht er sich auf den Weg nach Schweden. Unterwegs trifft er auf Ebba (Fanny Ketter), einer aufgeweckten 16jährigen, die ihre eigenen Probleme hat. Sie verschaukelt natürlich Harold, als sie ihn zu dem vermeintlichen Wohnsitz von Kamprad führt und Harold Vorkehrungen gegen die Attacke des Schäferhundes trifft. Doch wie es der Zufall so will, begegnen sie Ingvar Kamprad (Björn Granath) auf der Landstraße, der mit seinem Auto liegen geblieben ist. Harold zieht sein Vorhaben knall hart durch.

„Kill Billy“ in der Regie des norwegischen Regisseurs Gunnar Vikene, der auch das Drehbuch schrieb, ist eine humorvolle leise Komödie über den Erfolg und Misserfolg im Leben. Der Film beruht auf der Romanvorlage „Ein ehrliches Angebot“ (2012) von Frode Grytten. Allerdings weicht der Film von der Grundidee des Buches, das Hinterfragen unseres Konsumverhaltens, ab. Vielmehr geht es Gunnar Vikene um den Menschen und wie er reagiert, wenn ihm alles genommen wird. Das gelingt der Komödie nicht ganz, denn irgendwie hat mich das Gefühl beim Schauen des Films beschlichen, dass man sich zu sehr an der realen Figur des Ingvar Kamprad gehalten hat und das die ganze Geschichte dadurch hölzern und starr wird. Da nützt es auch nichts, dass sich die beiden, nach dem Kamprad über den See fliehen wollte und Harold ebenfalls im Eis einbricht, sich laut Ebbas Ratschlag nackt gegenseitig im Wohnwagen wärmen sollen. Eine frostige Annäherung, die frostig bleibt.

© Kill Billy
© Kill Billy

Überhaupt menschelt es sehr in „Kill Billy“, denn Harold erkennt am Ende, dass das wichtigste im Leben sein verkorkster Sohn Jan (Vidar Magnussen) ist und hier kippt die ganze Komödie ins Unglaubwürdige. Ebenso nähert sich Ebba ihrer Mutter an, die auf der ständigen Suche nach einem Mann ist.

Ich muss gestehen, dass ich mir von der viel gepriesenen Komödie aus Norwegen, die im vergangenen Jahr auf der Filmkunstmesse Leipzig lief, mehr versprochen habe. Warum man sie jetzt noch unbedingt ins deutsche Kino bringen muss, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Zumal es nicht ganz ausreicht, Ingvar Kamprads Dialoge mit Originalzitaten zu versehen. Die Figur eines der reichsten Männer Schwedens bleibt somit außen vor und unangetastet. Am Ende legt er sich zum Schlafen in eines der Betten bei IKEA und bittet Harold, das Licht auszumachen, weil es viel koste, es über Nacht brennen zu lassen. Das hat was komisches und reales zugleich, denn Ingvar Kamprad hat sich in den Medien immer als bescheiden und sparsam gegeben.

„Kill Billy“ wird am Ende versöhnlich auf der ganzen Linie und im Grunde genommen hätte sich Harold die Entführung von Ingvar Kamprad sparen können. Das Konzept von IEKA ist weiter in der Erfolgsspur und das Regal Billy gehört zum Standardsortiment.

„Kill Billy“ läuft ab dem 23. Juni 2016 in den deutschen Kinos.

 

Text: Nadja Naumann | Bild: Kill Billy
Externer Link: Film Kill Billy

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen