Ein kosmopolitisches Kaleidoskop. Fahrelnissa Zeid in der Deutschen Bank KunstHalle

20.10.2017 – 25.3.2018 | Deutsche Bank KunstHalle

Fahrelnissa Zeid, Resolved Problems, Oil on canvas, 130 x 97 cm, 1948. © Raad Zeid Al-Hussein, © Istanbul Museum of Modern Art.

 

von Karolina Wrobel //

 

Die Malerin Fahrelnissa Zeid (1901-1991) schaffte es ausgerechnet durch die Zeit zweier Weltkriege hindurch, mit ihren Werken Sichtbarkeit zu erlangen. Dabei ist es nicht nur die eigenständige Stilistik und Formensprache, die sie als Künstlerin von vielen Kunstströmungen ihrer Zeit abgrenzt. In Zeids Werken spiegelt sich ein kosmopolitisches Kaleidoskop, in dem die vielfältigen Begegnungen mit westeuropäischen Kunstströmungen der Avantgarde Anfang des 20. Jahrhunderts ebenso wiederzufinden sind wie das weit gefächerte Vokabular islamischer Kultur. Auf diese Weise ist das Œuvre dieser türkischen “Pionierin der Moderne”, wie Fahrelnissa Zeid auch gerne bezeichnet wird, ein Zeugnis der außergewöhnlichen, transformativen Kraft der kulturellen Einflüsse zwischen Europa und dem Mittleren Osten. Und das mag umso mehr erstaunen, als die Künstlerin nicht nur als Frau Anerkennung fand, sondern dies auch in einer Zeit weltpolitischer Konflikte errang.

Eine Retrospektive macht die ästhetischen Ansätze der Künstlerin in ihren Werken nun nachvollziehbar und verbindet diese mit den biografischen Linien. Die KunstHalle der Deutschen Bank in Berlin ist nach der Tate Modern die zweite Station der Ausstellung, in der die ganze Spannbreite der künstlerischen Entwicklung Fahrelnissa Zeids sichtbar wird und somit zum Entdecken einlädt: Zu sehen gibt es Werke, die mit der avantgardistischen türkischen “Gruppe D” in Verbindung stehen, aber auch spätere, abstrakte Experimente. Herzstück der Schau sind jedoch die großformatigen Arbeiten aus den späten 1940er bis 1960er Jahren, die mit ihren farbigen und dynamisch angeordneten Mosaiken einem ganz eigenen künstlerischen Ausdruck Raum geben. Sie muten wie ein kosmopolitisches Gewebe an, in das Fäden der Kunstströmungen aus Paris, London und Istanbul eingeflochten sind. Eine künstlerische Verdichtung, welche die Künstlerin Mitte der 1950er Jahre zum Höhepunkt ihrer Karriere aufsteigen ließ.

Möglich machte das auch ihre gesellschaftliche Stellung und ein bewegtes Leben: Geboren in eine Diplomaten-Familie bewegte sich Fahrelnissa Zeid auch als verheiratete Frau in Botschafterkreisen. Zusammen mit dem Botschafter des Königreichs Irak lebte sie zwischen 1935 und 1938 in Berlin, siedelte nach der Annexion Österreichs in den Irak und schließlich zurück in die Türkei über. Bis ihr Mann 1946 erneut als Botschafter eingesetzt wurde – dieses Mal in London, wo ihr Leben und so auch ihre Kunst zu einer Blüte kamen.

Nicht zuletzt macht die Retrospektive deshalb auch die dramatischen Brüche im weltpolitischen Geschehen deutlich, die sich so sehr im Leben der Künstlerin spiegeln. Nachdem die irakische Königsfamilie, der sie mit ihrem Mann angehörte, bei einem Militärputsch 1958 ermordet wurde, endete das privilegierte Leben, zumindest zum Teil: Das Paar zog um in eine Londoner Wohnung, Zeid unterbrach durch diese Schicksalsschläge ihr künstlerisches Schaffen für mehrere Jahre.

 

Fahrelnissa Zeid
20.10.2017 – 25.3.2018, Deutsche Bank KunstHalle
Unter den Linden 13 / 15, D-10117 Berlin
Tel.: +49-30-2020930
täglich 10 – 20 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 3 €
www.deutsche-bank-kunsthalle.de

 

Text aus der kunst:art 57

 

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