von Julia Behrens //
Eigentlich ist Rodney Graham kein Fotograf. Der kanadische Künstler baut in seinem Studio in Vancouver bühnenhafte Interieurs, in denen er sich in einer spezifischen Rolle ablichten lässt: als Antiquitätenhändler, Universitätsprofessor, als Amateurmaler oder Leuchtturmwärter. Dabei ist Graham derjenige, der Regie führt und agiert, aber nicht der, der auf den Auslöser drückt. Ganz bewusst konzentriert sich der 1949 in British Columbia geborene „Performer“ auf den Aspekt der Inszenierung. Zusammen mit seinen Lehrern Ian Wallace und Jeff Wall gilt er als Vertreter der sogenannten Vancouver School, die unter anderem für die „posed photography“ steht.
Jetzt ist der berühmte Foto- und Videokünstler mit 20 großformatigen Aufnahmen im Leuchtkastenformat im Museum Frieder Burda in Baden-Baden zu sehen. Und folgt damit illustren Kollegen wie Gregory Crewdson und Andreas Gursky, die den Richard-Meier-Bau bereits mit Fotoarbeiten bespielt haben. Rodney Grahams Licht-Bilder kennzeichnet große Detailfreude und ein ironischer Ernst – meist mit nostalgischer Note. Insgesamt besitzen seine Filme und Fotos einen kontemplativen Sog, der den Betrachter auf bemerkenswerte Weise seiner eigenen Gegenwart enthebt.
Der Künstler versetzt sein Alter Ego vorzugsweise in frühere Zeiten und lokalisiert es in einem klar definierten, historischen Kontext, den er zum Beispiel durch im Foto vorhandene Zeitungen markiert. So gehen die in dem Wohnzimmer ausgelegten Seiten in „The Gifted Amateur, Nov 10th, 1962“ (2007) auf das auch im Titel angegebene Datum zurück. Das Medium spielt per se bei Graham eine große Rolle, zum Beispiel in „Newspaper Man“ (2016), einem Foto, das ihn als Zeitungsleser entlarvt, der seine Umwelt cartoonartig durch zwei große Gucklöcher beobachtet.
Der Kanadier mit abgeschlossenem Kunstgeschichtsstudium bedient sich zahlreicher Inspirationsquellen aus Literatur, Film, Malerei und Popkultur, lässt sich aber auch von realen visuellen Eindrücken – vor allem aus seiner Heimatstadt – beeinflussen. Die Idee zu dem großen Triptychon „Antiquarian Sleeping in his Shop“ (2017) kam ihm angesichts eines Trödelladens auf der Main Street in Vancouver, in dem er dann zahlreiche Stücke erwarb, um damit in seinem Studio das Set für die Fotografie zu kreieren. Mit der dekorativen Durchgestaltung des abzulichtenden Raums verleiht Graham seinen Arbeiten eine szenische Anmutung. Viele Aufnahmen wirken wie das Filmstill eines aufwändig produzierten Videos. Ein Effekt, der durch das Licht in den Leuchtkästen noch verstärkt wird. Gleichzeitig verweist die häufig verwendete Form des Diptychons und Triptychons auf die Malerei. Im Fall der drei großen Fotos des Antikladens erinnert die Struktur schließlich auch an Schaufenster, die den Blick in den dämmrigen Innenraum des Shops frei geben. Es sind diese Überlagerungen auf technischer, formaler und inhaltlicher Ebene, die die Tiefe von Rodney Grahams Fotoarbeiten ausmachen.
Text aus der kunst:art 56
Rodney Graham. Lightboxes
8.7. – 26.11.2017, Museum Frieder Burda
Lichtentaler Allee 8b, D-76530 Baden-Baden
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 13 €, erm. 11 €
www.museum-frieder-burda.de
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