von Karin Gerwens //
Das Weltmuseum in Wien hat nach dreijähriger Umbauphase wiedereröffnet und bereichert nun mit einem neuen Konzept die Wiener Museumslandschaft. Das vormals unter dem Namen Museum für Völkerkunde bekannte Haus hat unter der Leitung des neuen Direktors Dr. Steven Engelsman und der Generaldirektorin Sabine Haag eine weltoffene und zeitgenössische Ausrichtung erhalten. Eine sorgfältige Auswahl der insgesamt 300.000 im Besitz des Museums befindlichen Exponate ist ab sofort in der Schausammlung, aufgeteilt auf 14 Räume, zu besichtigen.
Ein ethnographisches Museum ist heutzutage mehr als die bloße Präsentation von Gegenständen. In Wien wurde dem Rechnung getragen und heraus gekommen ist ein Museum, das die Herkunft seiner Sammlungsbestände selbstkritisch hinterfragt und die Geschichte des Kolonialismus aufarbeitet. Der Mensch steht stets im Mittelpunkt: Moderne Museumspädagogik arbeitet mit neuen Medien und vermittelt so auf spannende Weise Wissen, das insbesondere junge Menschen ansprechen soll. Die Präsentation der Schausammlung zeigt nicht nur Gegenstände, sondern verbindet diese mit menschlichen Schicksalen. Wissen wird nicht einfach vermittelt, vielmehr wird durch geschickte Fragen und Fantasiereisen Geschichte erlebbar gemacht.
Die Vergangenheit wird aus zahlreichen Perspektiven beleuchtet: So wird zum Beispiel die Geschichte der indigenen Völker Brasiliens aus der Sicht aller Beteiligten erzählt: Den Naturforschern des 19. Jahrhunderts, den Wissenschaftlern des 20. und 21. Jahrhunderts und den Nachkommen der Völker selbst. Der koloniale Blick ethnologischer Museen auf andere Kulturen wird durch Empathie ersetzt. Das Museum versteht sich als Brücke zwischen den Völkern und Kontinenten und lädt ein, die Kulturen der Welt kennen zu lernen.
Neu für ein ethnologisches Museum ist die Einbeziehung zeitgenössischer Kunst in das Gesamtkonzept: Zur Zeit laufen verschiedene Ausstellungen mit aktuellen Künstlern. Unter anderem bespielt die in Berlin lebende US-Amerikanerin Rajkamal Kahlon mit einer Sonderausstellung einen Teil des Weltmuseums, in dem sie ethnologische Porträtfotografien aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert auf teilweise noch heute vorherrschende Stereotype untersucht. Sie übermalt die Bilder und gibt den oftmals als „primitiv“ dargestellten und auf diese Weise gedemütigten Menschen ihre Würde zurück.
Ein aktuelles Thema, dessen Ursprung bis in die Kolonialzeit zurückreicht, ist die Migration von Menschen. Unter der Überschrift „Welt in Bewegung“ werden die Auswirkungen des Kolonialismus, zu denen außer der Migration auch die Globalisierung gehört, bis in die heutige Zeit erforscht. In der wissenschaftlichen Verknüpfung von historischen Themen mit Fragen der Gegenwart sehen ethnologische Museen heutzutage einen ihrer Schwerpunkte.
Zu den Highlights der Sammlung, die zu den bedeutendsten ethnologischen Sammlungen der Welt gehört, zählt unter anderem der von den Azteken stammende altmexikanische Federkopfschmuck „Penacho“ aus dem frühen 16. Jahrhundert. Ebenso ist das Weltmuseum im Besitz zahlreicher Fundstücke des Seefahrers und Entdeckers James Cook.
Weltmuseum Wien
Heldenplatz
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-534305052
Mo, Di + Do – So 10 – 18 Uhr, Fr 10 – 21 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 9 €
www.weltmuseumwien.at
Text aus der kunst:art 58
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