von Stefan Simon //
Lothar Günther Buchheim und Hermann Gerlinger: Hier kommen zwei hochkarätige Sammler zusammen, die den Erwerb von Kunst nie als Spekulationsobjekt gesehen haben, sondern die sich stets passioniert für die von ihnen gesammelte Kunst eingesetzt haben. Buchheim (1918 – 2007) hat als Autor, Verleger und Sammler den revolutionären Freiheitsdrang der „Brücke-Künstler“ aufgegriffen und zum pulsierenden Mittelpunkt seines in Bernried am Starnberger Sees gelegenen Museums der Phantasie gemacht. Dass dieses museale Herzstück nun mit der Leihgabe der größten und bedeutendsten Privatsammlung zum Thema „Brücke“ so umfassend und nachhaltig gestärkt wird, entspricht durchaus den Ambitionen des Museumsgründers. Der Geist der „Brücke“, das war Buchheim immer klar, verbietet eine starre Präsentation eines Kunstschatzes. Seine Sammlung solle „nicht einen Endzustand markieren“, sondern „den Anfang machen“. Was für ein glücklicher Umstand, dass der dreizehn Jahre jüngere Würzburger Unternehmer und Kunstsammler Hermann Gerlinger nun seine einzigartigen Bestände zum Thema „Brücke-Künstler“ in einen lange währenden, lebendigen Dialog mit Buchheims Sammlung setzt.
Gerlingers Hauptbeweggrund für den Zusammenschluss ist die Aussicht, dass die beiden Sammlungen in Qualität und Quantität ein Ensemble bilden, das es ermöglicht, Brücke-Ausstellungen auf höchstem Niveau realisieren zu können. „Sie haben beide die Rezeptionsgeschichte des Expressionismus mitgeschrieben“, so der Schweizer Galerist, Kunsthistoriker und Expressionismus-Experte Wolfgang Henze. Was macht die Faszination von Expressionismus und insbesondere „Brücke“ nun aus? Was lässt diese Kunst auch heute noch aktuell erscheinen? Der Sammler Buchheim äußert sich selbst in seinem aufschlussreichen „Brücke“-Band von 1956: „Das Wort Expressionismus bezeichnet allgemein eine ständig mögliche Darstellungsart, die für die deutschsprachigen Länder typisch wurde und ihre Höhepunkte in Zeiten geistiger Umbrüche und sozialer Krisen hatte“. Somit willkommen in der Kunstgeschichte und zugleich in der Realität, in der sich Geschichte stets wiederholt.
Die beiden Sammler verfolgten unterschiedliche Konzepte. Das Buchheim-Museum besitzt 33 Gemälde und 700 Grafiken der „Brücke“-Künstler. Buchheim beschränkte sich auf die Hauptzeit der Künstlervereinigung von 1905 bis in die Zwanzigerjahre. Gerlinger erschließt dagegen das Thema systematisch in seiner gesamten historischen Tiefe und in der gesamten Breite der Gattungen. Die immer noch wachsende Sammlung umfasst mehr als 1.030 Arbeiten, darunter Aquarelle, Zeichnungen, Druckgrafiken, Dokumente, Skulpturen, Kunsthandwerk und derzeit 48 Gemälde der Brücke-Künstler. Gerlinger legt den Fokus nicht nur auf die berühmten Gründer wie Heckel, Kirchner und Schmidt-Rottluff, sondern nahm auch später beigetretene Künstler wie Emil Nolde, Max Pechstein, Cuno Amiet oder Otto Mueller mit größeren Werkkomplexen auf und schaffte es dadurch, dass inzwischen auch das Früh- und Spätwerk der Brücke-Maler wissenschaftlich gewürdigt wurde. Durch die Zusammenführung der beiden Bestände wird die Bedeutung des Buchheim Museums als Hauptmuseum des deutschen Expressionismus weiter ausgebaut.
Brückenschlag. Gerlinger + Buchheim!
bis zum 25.2.2018, Buchheim Museum
Am Hirschgarten 1, D-82347 Bernried
Tel.: +49-8158-997020
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 8,50 €, erm. 4 €
www.buchheimmuseum.de
Text aus der kunst:art 59
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