Ein wahrer Tausendsassa, dieser Künstler, der gleich einem ganzen Abbildungsverfahren den Namen gab: Die Rede ist von der Rayografie, die natürlich benannt ist nach Man Ray. Der 1890 im US-amerikanischen Philadelphia geborene Ray war, was seine künstlerischen Ausdrucksformen angeht, wahrhaft breit aufgestellt: Der Bogen reicht von der Malerei über den Bau von Objekten bis zu Fotografie und Film. Die Rayografie entwickelte der Künstler um 1919/20. Brauchte das herkömmliche Foto unabdingbar die Kamera, die durch Objektiv und Filmbühne den Bildausschnitt definierte, ging es hier um ein sich quasi selbsttätig erzeugendes Bild: Beliebige Gegenstände wurden auf das Fotopapier gelegt, eine Belichtung hielt ihren Umriss und gegebenenfalls noch einen Schatten fest. Mit sogenannten Fotogrammen, dies der allgemeinere Terminus, experimentierte zeitgleich und unabhängig von Ray auch der deutsche Maler Christian Schad.
Die Aschaffenburger Kunsthalle Jesuitenkirche macht in ihrer Ausstellung „Man Ray. Magier auf Papier …und der Zauber der Dinge“ diese „Fotos ohne Kamera“ zum Mittelpunkt. Mit Recht, denn Ray wurde mit den Rayographien/Rayografien, nach seiner Übersiedelung nach Paris, zum Anreger der Dadaisten und Surrealisten. Die Fotografie, gerade erst etabliert als scheinbar objektives Medium (und noch lange nicht kunstwürdig), gewann hier unversehens poetische Qualität, deren Zufallshaltigkeit dem automatischen Schreiben der Breton-Jünger äquivalent schien: Ein „Poet der Dunkelkammer“, so der Dichter Jean Cocteau.
Man Ray. Magier auf Papier…und der Zauber der Dinge
3.7. – 24.10.2021
Kunsthalle Jesuitenkirche
Pfaffengasse 26
D-63739 Aschaffenburg
Tel.: +49-6021-3867466
Di 14 – 20 Uhr, Mi – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 3,50 €
www.museen-aschaffenburg.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Kunsthalle Jesuitenkirche
Erstveröffentlichung kunst:art 80