Es ist schon ein erstaunlicher Weg, den der Maler Frank Stella in seinem langen und produktiven Leben gegangen ist: Nach anfänglicher Begeisterung für den nicht-figürlichen Expressionismus wurde der 1936 bei Boston geborene Amerikaner in den 60ern bekannt als Protagonist der geometrischen Abstraktion: „Hard Edge“. Deren lineare Strukturen, meist parallel streifenförmig und gewinkelt, begannen dann allmählich, das gewohnte Rechteck der Bildfläche zu sprengen und zum unregelmäßigem Umriss umzuformen: „Shaped canvas“. Seit den 80ern nun verwendet der Künstler vollkommen freie, zumeist wild gekurvte und geschwungene Bildträger, die darüber hinaus auch nicht mehr in einer Ebene liegen (und im Grunde die Grenze zur Wandplastik überschreiten).
Das Museum Wiesbaden widmet Stella eine umfassende Ausstellung, deren unmittelbarer Anlass die Verleihung des Jawlensky-Preises ist. Dessen Spätwerk (ab den 20ern ja in Wiesbaden entstanden) kreist unermüdlich um das Prinzip der Serie, um das systematische Durchdeklinieren bestimmter Bildideen – und genau das bildet denn auch die schlüssige Verbindung zwischen Namensgeber und heutigem Preisträger. Die Schau kann darüber hinaus auch schöpfen aus dem umfassenden Bestand neuerer US-amerikanischer Malerei, besonders der Kunst des Minimalismus. Ganz anders als dieser frühe Einfluss hat sich Stella freilich später auch mit dem Thema des Ornaments auseinandergesetzt – in seiner Gegenstandslosigkeit eine Art früher „Abstraktion“.
Frank Stella
10.6. – 9.10.2022
Museum Wiesbaden
Friedrich-Ebert-Allee 2
D-65185 Wiesbaden
Tel.: +49-611-3352250
Di + Do 10 – 20 Uhr, Mi + Fr 10 – 17 Uhr, Sa + So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 7 €
www.museum-wiesbaden.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Museum Wiesbaden
Erstveröffentlichung in kunst:art 85