Der fotografische Blick kann mehr zeigen als die Kopie einer vermeintlichen Wirklichkeit. Thomas Florschuetz gehört zu jenen Fotografen, die ihr Medium eher zur Erforschung als zur Abbildung oder Dokumentation eines Zustandes einsetzten. Die Schau in Berlin-Dahlem dokumentiert allerdings die Möglichkeiten, die Florschuetz hierzu findet, und wie er sie in den vergangenen fünf Jahren anzuwenden wusste. Mit ihnen bannt er die Veränderung in eine Technik, der oft nachgesagt wird, etwas im Bild festzuhalten. Statt Geschehendes statisch erstarren zu lassen, gelingt dem weitgereisten Fotografen das Gegenteil: In seinen Arbeitszyklen beobachtet er Elemente seiner Umgebung über einen langen Zeitraum in ihrer Veränderung. So begleitete sein Blick durch die Kamera etwa in Berlin das Ende des Ethnologischen Museums in Dahlem.
Schon kurz vor der Wende war der gebürtige Chemnitzer Florschuetz nach West-Berlin gelangt und arbeitete in einem Atelier in Kreuzberg. Nach der Wende betrachtete er von hier aus das Ende des Palastes der Republik mit der Kamera. Eine jüngere Werkgruppe, die ebenfalls im Haus am Waldsee zu erleben ist, entstand im Sitio Burle Marx in Rio de Janeiro. In diesem Garten des Künstlers Roberto Buerle Marx begegneten Florschuetz Pflanzen und Architektur, die in seinen fotografischen Werken zu Darstellern werden. Ein Prinzip hält er dabei in allen Arbeiten durch: Es gibt keine digitalen Effekte. Florschuetz lässt rein die Kraft der Fotografie sprechen und erzählen.
Thomas Florschuetz. Überlagerungen
20.5. – 28.8.2022
Haus am Waldsee
Argentinische Allee 30
D-14163 Berlin
Tel.: +49-30-8018935
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 5 €
www.hausamwaldsee.de
Text: Jan Bykowski
Bild: Haus am Waldsee
Erstveröffentlichung in kunst:art 85