Eine groß angelegte Retrospektive über Charlotte March, die rund 300 Arbeiten des zur Sammlung Falckenberg gehörenden Nachlasses zeigt, widmet sich dem emanzipierten Blick der 2005 verstorbenen Fotografin auf die Themen Alltag, Stadt, Reisen und Mode. Dabei stehen sich ihr eher dokumentarisch zu verortendes Früh- und das vermehrt auf Konzeptfotografie basierende Spätwerk nahezu diametral gegenüber: Porträtierte March einst das Nachkriegsgeschehen in der Hansestadt Hamburg, so fotografierte sie in ihrem späteren Schaffen im Zuge von Werbekampagnen Pomp und Glamour. Aus Magazinen wie der deutschen Illustrierten Quick oder der tendenziell linksliberalen und grafisch wie inhaltlich auf hohem Innovationsniveau aufgebauten Zeitschrift twen sind die Fotostrecken der in Essen geborenen Wahl-Hamburgerin nicht wegzudenken.
Während ihrer Dozententätigkeit an der Meisterschule für Mode in Hamburg begann sie zu fotografieren und eröffnete 1961 ihr eigenes Fotoatelier in Sierichstraße. Ihr gesamtes mehr als 30.000 Abzüge umfassendes Œuvre und ihr unverkrampfter wie direkter Stil kann mitunter als fotografischer Beitrag zur sexuellen Revolution gesehen werden. March ließ ihre Modelle losgelöst von Geschlecht oder Ethnie selbstbewusst auftreten und stand somit der teils biederen Mannequin-Fotografie manch anderer Hochglanzmagazine jener Zeit aufmüpfig entgegen – ganz ohne Provokation oder die Last von Gesellschaftskritik fotografierte March stets mit einer schier unbändigen Leichtigkeit.
Charlotte March
20.5. – 4.9.2022
Deichtorhallen
Sammlung Falckenberg
Wilstorfer Str. 71
D-21073 Hamburg
Tel.: +49-40-32103200
Sa + So 12 – 17 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 6 €
www.deichtorhallen.de
Text: Dr. Denise Susnja
Bild: Deichtorhallen
Erstveröffentlichung in kunst:art 85