Das Museum im Düsseldorf benachbarten Ratingen zeigt eine Solopräsentation, die sich in gewisser Weise kurzschließen lässt mit der zum Bestand des Hauses zählenden Sammlung des Werks von Johann Peter Melchior. Dieser aus dem Ort stammende Künstler war im 18. Jahrhundert einer der kreativsten Porzellanplastiker Deutschlands. Carol Pilars de Pilar aber lebt heute und entsprechend anders sind die Resultate, auch wenn sie sich, genau wie der Barockmeister, dem Menschenbild in Form der keramischen Kleinplastik verschrieben hat.
Die Rheinländerin (* 1961) hatte übrigens in ihrer Ausbildung enge Berührung mit alter Kunst, in Florenz studierte sie Techniken der Restauration. In ihrer heutigen Arbeit aber sucht sie den direkten, von der Last der Kunstgeschichte unverstellten Zugang zu ihren Modellen. Spontan und ohne das Hilfsmittel der Vorzeichnung bringt die Künstlerin ihr Gegenüber mit Aquarellfarbe aufs Papier. Damit aber nicht genug: Denn der Begriff der sprechenden Ähnlichkeit, seit je lobende Charakterisierung eines gelungenen Porträts, ist hier ganz wortwörtlich zu nehmen. In Audioaufnahmen erzählen die Porträtierten von ihrem Leben. Aber nun zum Werkstoff Keramik und den hochglänzenden Glasuren: Anders als Melchior ist Carol Pilars de Pilar hier nicht aus auf Eleganz und Zierlichkeit. Ihre expressiv verdichteten, manchmal nur torsohaften Figuren sind rüder – aber nichtsdestoweniger ebenso zerbrechlich wie ihre fernen Vorgänger.
Carol Pilars de Pilar. Along the Voices
bis zum 4.2.2024
Museum Ratingen
Grabenstr. 21
D-40878 Ratingen
Tel.: +49-2102-5504181
Di – So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 3 €, erm. 1,50 €
www.museum-ratingen.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Museum Ratingen
Erstveröffentlichung in kunst:art 94