Ein kollektives Erinnerungsprojekt in der Kulturstiftung Basel H. Geiger

30.8. – 17.11.2024 I Kulturstiftung Basel H. Geiger

Made Bayak, Industry, Hidden History Island of the Gods III, Reception of Paradise Created, 2024

Der Einfluss von Walter Spies auf die kulturelle Landschaft Balis

Bali – ein Name, der auch heute noch nach etwas Verheißungsvollem klingt. Gegen die Klischees von Strand und Luxusresorts hat sich Bali erfolgreich in die Gegenwart gerettet als die alte Vorstellung von einem Rückzugsort, die irgendwann in der Vergangenheit entstand und immer noch vielen bei einer Bali-Reise gegenwärtig ist. Vor einem Jahrhundert machte sich ein deutscher Maler, zu dessen vielen Talenten auch Musik zählte, von Hamburg aus auf den mühsamen Weg in die Südsee. Man kann Walter Spies (1895–1942) einen Aussteiger nennen. Aber er war mehr als das. Er ist noch heute auf der Insel in Erinnerung. Seine Spuren findet man im Landesinneren, in Ubud, dem kulturellen Zentrum der Insel. An Walter Spies erinnert das Agung Rai Museum of Art, das seiner Lebensgeschichte und seinen Gemälden eine eigene Abteilung widmet. Wer war Walter Spies? Was machte ihn auf Bali so bekannt, und welche Rolle spielte er bei der Verbreitung des Bali-Mythos?

Antworten darauf gibt es nun in der Kulturstiftung Basel H. Geiger. Die Ausstellung ROOTS dreht sich um die faszinierende Figur des in Russland geborenen deutschen Künstlers Walter Spies (1895–1942), dessen Einfluss auf die kulturelle Landschaft Balis bis heute nachhallt. Das Vermächtnis von Spies ist eng mit der zeitgenössischen Erzählung Balis verwoben, und ROOTS zielt darauf ab, seine tiefgreifende Wirkung zu zeigen und gleichzeitig das postkoloniale Erbe der Insel im letzten Jahrhundert zu erforschen.

Seiner kunstaffinen Familie verdankte der in Moskau geborene Diplomatensohn, dass er schon in jungen Jahren mit den künstlerischen Avantgarden in Moskau, später in Berlin und Dresden, in Berührung kam. In einem autobiografischen Rückblick erklärte Spies: „Aber bald darauf, weil ich mich in Deutschland gar nicht wohlfühlte und besonders von der ganzen Filmatmosphäre, in die ich hineingeraten war, angeekelt war, beschloss ich plötzlich, wegzufahren, irgendwohin in die weite Welt.“ Auszüge aus Michael Schindhelms Dokufiktion ROOTS werden die Ausstellung begleiten. Der Film zeigt Walter Spies, wie er sich durch die moderne Landschaft Balis bewegt. Durch Begegnungen mit balinesischen Künstlern und Persönlichkeiten ringt der Geist von Spies mit seinem eigenen Erbe und dem anhaltenden Einfluss der westlichen Zivilisation auf der Insel. Im Zentrum von ROOTS liegt die Villa Iseh, ein Rückzugsort, den Spies 1937 in Iseh, Karangasem, errichtete. Ursprünglich ein Zufluchtsort für Walter Spies, wurde sie später zu einem beliebten Ziel für Prominente, darunter David Bowie, Yoko Ono und Mick Jagger. Die Ausstellungsbesucher werden eingeladen, das Labyrinth der Räume in der Villa zu erkunden. Die Ausstellung untersucht zudem die Themen Massentourismus, Umweltzerstörung und das komplexe Zusammenspiel kultureller Identitäten. Zu den Höhepunkten zählen Werke des Malers Made Bayak und des Grafikdesigners Gus Dark, die den balinesischen Kampf zur Bewahrung ihrer kulturellen Identität angesichts zeitgenössischer Herausforderungen erforschen.

Stefan Simon lebt und arbeitet in Süddeutschland.

Roots
30.8. – 17.11.2024
Kulturstiftung Basel H. Geiger
Spitalstr. 18
CH-4056 Basel
Tel.: +41-61-2620166
Mo + Mi – So 11 – 18 Uhr
Eintritt frei
www.kbhg.ch

Text: Stefan Simon
Bild: Kulturstiftung Basel H. Geiger
Erstveröffentlichung in kunst:art 99