Die Blumen der Erinnerung
Natürlich kennen wir alle Alex Katz (* 1927) mit seinen prägnanten Frauenporträts, die Gesichter flächig vereinfacht gegen einen monochromen Hintergrund – besonders die zahlreichen Auftritte der langjährigen Ehefrau Ada kommen einem da in den Sinn. Dass dieser Maler des modernen Lebens (so sagte man im Paris der Flaneure) aber auch ganz leise und zarte Töne beherrscht, das kann man derzeit in der Salzburger Villa Kast beobachten, wo die Galerie Thaddaeus Ropac die „Flower Journals“ des New Yorker Künstlers zeigt.
Es handelt sich dabei um neuere Kohlezeichnungen auf Papier, von denen jede eine einzelne Blume vor neutralweißem Papierfonds darstellt. Die Plastizität der Blumen wird mit zurückhaltenden Schraffuren angedeutet. Die bei Ropac überhaupt zum ersten Mal ausgestellte Serie dieser Blumenbilder ist eine Hommage an einen engen Freund von Katz, den Dichter und künstlerischen Weggefährten Joe Brainard (1941–1994). Die Charakterisierung der Blätter als sozusagen posthume Zusammenarbeit wäre sinnvoll, denn der Künstler geht hier zeichnend ein auf alte Tagebucheinträge des Freundes, die dieser zu Beginn der 1970er-Jahre seinem Journal anvertraute. Katz‘ Konzept ist ziemlich bemerkenswert für einen Künstler, der immer gerne sagte, es gebe überhaupt keine Vergangenheit, nur immer wieder Gegenwart. Wie dem auch sei, die zeichnerische Beschwörung einer langen Freundschaft ist zugleich auch poetische Bestandsaufnahme der damaligen New Yorker Szene.
Alex Katz. Flower Journals
5.10. – 21.12.2024
Thaddaeus Ropac
Salzburg Villa Kast
Mirabellplatz 2
A-5020 Salzburg
Tel.: +43-662-8813930
Di – Fr 10 – 18 Uhr, Sa 10 – 14 Uhr
Eintritt frei
www.ropac.net
Text: Dieter Begemann
Bild: Thaddaeus Ropac
Erstveröffentlichung in kunst:art 100