Endlich aus dem Schatten getreten
Es ist ein langer Weg aus dem Schatten einer berühmten Familie. Umso länger, je größer die Namen in dieser Familie sind/je größer der Name dieser Familie ist. Und nochmal länger, wenn die Familie den Weg zumindest teilweise begleitet. Feininger ist so ein Name, T. Lux Feininger ist den Weg gegangen. Am Ende dieses langen Weges, Feininger wurde 101 Jahre alt, war er als Maler und Grafiker für seinen eigenen Stil bekannt. Der Beginn seiner künstlerischen Laufbahn hängt indessen noch stark mit seinem berühmten Vater Lyonel zusammen. Am Bauhaus beginnt er seine Ausbildung, noch als Theodore Lukas Feininger, in der Bildhauerei und später der Malerei. Nebenher hält er den Alltag des Bauhaus in Fotografien fest.
Neue Motive und Inspiration fand er in den USA, in die er 1936 mit der Familie emigrierte. Dort ist er zunächst auch noch als Fotograf tätig, ebenso wie sein Bruder Andreas. Und ebenso wie ihn faszinieren auch T. Lux Feininger die Themen Amerikas wie der American Dream und seine Schattenseite. Immer mehr aber gelingt es T. Lux Feininger, sich von diesen prägenden Anfängen zu lösen und seine eigene Malerei weiterzuentwickeln. Die Prägung durch das Bauhaus und Lehrer wie Kandinsky und seinen eigenen Vater verschwindet nicht ganz, tritt allerdings zunehmend in den Hintergrund. Sein Stil wird realistischer, weicher und lebhafter.
Was wiederum bleibt, sind die Themen, die schon seinen Vater begeistert haben. Schiffe und Lokomotiven tauchen in der Malerei beider auf. Ein anderes Thema hat sich T. Lux Feininger indessen stärker erarbeitet. Frauenfiguren stellen eine ganze Werkgruppe in seiner Arbeit, auf ihre Darstellungen in unterschiedlichsten Rollen legt die Ausstellung im Feininger Museum entsprechenden Wert. Hier noch mehr als auf den anderen Gebieten seiner malerischen Arbeit wird deutlich, was T. Lux Feiniger mit den „Traumbildern“ meinte: Ein Verweben von beobachteter Wirklichkeit mit dem Träumerischen und Fantastischen, das auch dramatisch sein kann. Seine Beobachtungen in den USA bieten ihm dabei spannungsreiche Motive an. Auch die Autos und Menschen einer New Yorker Straßenszene erhalten in dieser Durchdringung von harter Wirklichkeit mit dem Imaginären eine Aura, die sie in neuem Licht erscheinen lässt. In anderen Szenen scheint sich diese Aura dagegen ins Innere des Bildes zurückzuziehen. Aber auch diese Arbeiten sind nur einer von vielen weiteren Aspekten des Lebenswerkes von T. Lux Feininger.
Noch sind es nicht allzu viele Ausstellungen, die in Deutschland seinen Weg aus dem Schatten der berühmten Familie nachgezeichnet haben. Die erste fand 1998 in der Galerie Moritzburg in Halle statt, es folgten Kiel, schon zum Anlass seines 100. Geburtstages, Frankfurt, Berlin. Mit jeder Ausstellung gibt es Neues zu entdecken. Das einzig Bedauerliche ist höchstens, dass T. Lux Feininger selbst von der Anerkennung, die ihm schließlich auch in seinem Geburtsland entgegengebracht wurde und wird, nur noch die ersten Jahre miterleben durfte.
Christian Hofmann lebt und arbeitet als freier Autor im Rheinland.
T. Lux Feininger. Magic Moments
bis zum 13.1.2025
Museum Lyonel Feininger
Schlossberg 11
D-06484 Quedlinburg
Tel.: +49-3946-68959380
Mo + Mi – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 9 €, erm. 6 €
www.museum-feininger.de
Text: Christian Hofmann
Bild: Museum Lyonel Feininger
Erstveröffentlichung in kunst:art 100