
Unendlichkeiten
Formen und Farben, so intensiv wie raumgreifend, so lebensfroh wie polarisierend – im Sprengel Museum Hannover begegnen sich drei Größen der Kunst an Schnittstellen, zur Popkultur, zum Konsum, aber auch zu Politik und Feminismus. Was für Niki de Saint Phalle (1930–2002) die lebensfrohen „Nanas“ sind, sind für die japanische Künstlerin Yayoi Kusama (* 1929) ihre hypnotischen Polka-Dots und für den ebenfalls aus Japan stammenden Takashi Murakami (* 1962) die ikonischen, stilisierten Blumen – wie Markenzeichen ist allen dreien eingängiger stilistischer Wiedererkennungswert gemein, und doch reicht die Ausstellung in Hannover noch weit darüber hinaus. „Wir zeigen keine Retrospektive (…). Die Besucher*innen erwartet kein Nebeneinander – sondern ein sinnlich erfahrbares und spannungsvolles Miteinander“, beschreibt der Kurator Stefan Gronert.
In Partnerschaft mit enercity, einem Energieunternehmen mit Wurzeln in Hannover, das anlässlich seines 200-jährigen Jubiläums diese Ausstellung fördert, versteht sich die Ausstellung mit dem Titel „Love You For Infinity“ als kraftvolle Verneigung vor den drei Künstlern.
Ausgangspunkt jener erstmaligen musealen Begegnung der drei ist der 25. Jahrestag der Schenkung von über 400 Werken durch Niki de Saint Phalle, die einen wichtigen Moment für die Kulturlandschaft der Landeshauptstadt Hannover darstellte. „Sie hat den internationalen Blick auf unsere Stadt verändert und ein dauerhaftes, lebendiges Erbe hinterlassen“, würdigt es Belit Onay, der Oberbürgermeister Hannovers. Denn die Schenkung umfasst eine extensive Werkauswahl – von frühen Gemälden und Assemblagen bis hin zu großformatigen Skulpturen, die gesellschaftliche und politische Themen reflektieren. Und natürlich Niki de Saint Phalles ikonisch-lebensbejahenden „Nanas“, die von Protest wie auch Begeisterung empfangen wurden, als man sie im Jahr 1974 am Leineufer aufstellte.
Ähnlich unverwechselbar wie die „Nanas“ sind in Yayoi Kusamas Œuvre die Polka-Dots, die durch das Stilmittel der Wiederholung Unendlichkeit und Selbstauflösung thematisieren, wie auch in ihren immersiven Installationen wie den bekannten „Infinity Rooms“. So wurde ihr Leitmotiv nicht nur Symbol für Verbindung von Individuum und Universum, sondern schlug zudem eine Brücke in die Konsumkultur: Das Mode-Label Louis Vuitton brachte die ikonischen Punkte mit seinen ikonischen Taschenmodellen zusammen – die Begegnung zweier Markenzeichen aus Kunst und Alltag.
Ebenfalls von Louis Vuitton aufgegriffen wurden die verspielten Motive Takashi Murakamis; für seine kommerzialisierte Bildsprache, die sich nicht selten einer Emoji-Ästhetik bedient, entwickelte er sogar den Terminus des „superflat“-Konzepts, das „hohe“ Kunst mit niederschwelliger Popkultur verbindet. Auf diese Weise thematisieren seine Werke Vergänglichkeit und Kommerz sowie die Verortung der eigenen Identität darin.
Die Schnelllebigkeit des Konsums und die Erkundung des Ichs im Strudel dieser unendlichen Vergänglichkeit können somit als ein Berührungspunkt jener drei Positionen erlebt werden – ebenso wie die bunten und fröhlichen Bildsprachen, die ihre kontroverseren Inhalte oft eher optional anzubieten scheinen.
Ninja Elisa Ohls-Felske ist Kunsthistorikerin und freie Kuratorin.
Niki. Kusama. Murakami. Love You For Infinity
6.9.2025 – 14.2.2026
Sprengel Museum Hannover
Kurt-Schwitters-Platz
D-30169 Hannover
Tel.: +49-511-16843875
Di 10 – 20 Uhr, Mi – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 4 €
www.sprengel-museum.de
Text: Ninja Elisa Ohls-Felske
Bild: Sprengel Museum Hannover
Erstveröffentlichung in kunst:art 105

