von Nadja Naumann //
Der amerikanische Künstler Seth Price (*1973 Ost-Jerusalem) wuchs quasi mit der Entwicklung des Internets auf und hat die ersten Computerspiele und -programme der 1980er Jahre erlebt, die damals im Pixeldesign für Furore sorgten. In den 1990er Jahren sah er, wie sich das Netz zu einem Ort politischer Utopien, die in der neuen Technologie demokratisierende Potentiale vermuteten, entwickelte und dann erlebte er die Eroberung unseres sozialen Lebens durch das Internet mit Beginn des 21. Jahrhunderts dank Web 2.0 und dem Smartphone mit. Ab 2001 wurde das Netz mehr und mehr zu einem Katalysator aufziehender gesellschaftlicher Krisen, vom Krieg der Bilder bis zu den Krisen des Finanzsystems. Seth Price entwickelt seine künstlerische Herangehensweise entlang dieser Konflikte, die das Leben in einer globalen neoliberalen Gesellschaft vorantreiben.
Das zentrale Thema des Künstlers ist der bedrohte Status des Subjekts, also des Menschen, dessen Privatsphäre sich in der Auflösung befindet.
Die Ausstellung Seth Price – Social Synthetic, die das Museum Brandhorst in Zusammenarbeit mit dem Stedelijk Museum Amsterdam jetzt zeigt, würdigt den Künstler erstmals international. Mehr als 150 Werke, die Skulpturen, Zeichnungen, Fotografien, Filme, Videos, Malerei, Web-Design, Kleider, Textilien, Musik und Dichtung beinhalten, werden gezeigt. Kuratiert wurde die Schau von der Direktorin des Stedelijk Museum Amsterdam Beatrix Ruf und Achim Hochdörfer in enger Absprache mit dem Künstler.
Seth Price setzt sich in seinen Arbeiten ganz bewusst mit den kommerziellen Interessen der Industrie auseinander, denen wir uns nur schwer entziehen können, weil sie bereits unseren Alltag bestimmen. Wir lassen uns von den wöchentlichen Sonderangeboten der Supermärkte und Discounter locken und machen jeden neuesten modischen Trend mit. Die vielgepriesenen Payback Cards kundschaften unser Kaufverhalten aus und wer im Internet einkauft, der bekommt automatisch immer neue Produkte passend zum gekauften angeboten. Die Individualität des Menschen befindet sich somit dank der Globalisierung und Internet in der Auflösung. Es ist erschreckend, dass das fast unbemerkt passiert. Mit seiner kritischen Sichtweise auf die Gesellschaft und Politik hält uns Seth Price den Spiegel entgegen und das in einer kreativen Bandbreite, die einen als Betrachter begeistert und zum Nachdenken anregt.
Spannend sind die Arbeiten, die in den Leuchtkästen (2016–2017) im Untergeschoss des Museums präsentiert werden. Sie basieren auf fotografischen Studien menschlicher Haut, die auf kartografischen Technologien der Firma Google beruhen. Einige Kunstwerke besitzen keine feste Form und spielen auf die Flexibilität und Ortslosigkeit von digital zirkulierenden Bilddateien an. Sie sind gefaltet, geknickt, zerknittert oder ausgerollt und passen sich den Ausstellungsbedingungen an. Und Price demontiert ein Kultobjekt aus dem Kleiderschrank: die sogenannte Bomberjacke, die im Ersten Weltkrieg für Piloten entwickelt wurde und die Mode eroberte.
Seth Price – Social Synthetic
21.10.2017 – 8.4.2018, Museum Brandhorst
Türkenstr. 19, D-80333 München
Tel.: +49-89-238052286
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 5 €
www.museum-brandhorst.de
Text aus der kunst:art 58
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