Über Farbe und Raum
Das Kuratorenteam bestehend aus Sally Müller, Arne Reimann und Tibor Krauß bringt in der aktuellen Ausstellung „Über Farbe Und Raum“ zwei herausragende Künstler der Moderne, nämlich Josef Albers und Carlernst Kürten, mit zwei zeitgenössischen Positionen – Erika Hock und Frauke Dannert – zusammen, um jene damaligen konkreten künstlerischen Konzepte in der heutigen Zeit nachzuzeichnen und einen neuen historischen Diskurs zu eröffnen. Zudem verbindet das Ausstellungskonzept im Rahmen der Ausstellungsreihe „Hellweg Konkret III“ erstmals beide Kunstmuseen des Kreises Unna – das Museum Schloss Cappenberg und das Museum Haus Opherdicke.
Der heute oft als Farbphilosoph bezeichnete Josef Albers (Bottrop 1888–1976 New Haven), der ab 1920 zunächst Bauhaus-Schüler unter Johannes Itten war und schließlich ab 1925 selbst zum Bauhausmeister avancierte, wurde vornehmlich durch seine prominenten Lehraufträge in Dessau und Weimar bekannt. Zur Künstler-Koryphäe hingegen stieg er erst in den 1960er-Jahren dank amerikanischer Kunstschaffender der Minimal Art und Konzeptkunst wie Frank Stella oder Donald Judd auf, die sein Œuvre neu verorteten und wertschätzten.
Albers rund zweitausend Werke umfassende Bildserie „Homage to the Square“ ist eine Huldigung an Form und Farbe, in der er seit 1950 bis zu seinem Tod unaufhörlich eine künstlerisch reduzierte, sachliche und reflektierte Bildsprache erarbeitete, indem er mittels der Form des einfachen Quadrates die Komposition in den Hintergrund treten ließ.
Im Haus Opherdicke sind zahlreiche „Homages“ als Gemälde und Siebdrucke vertreten, flankiert von Drucken aus dem Mappenwerk „Formulation: Artikulation“ sowie ausgewählten Blättern aus seiner mit Sehexperimenten gefüllten Publikation „Interaction of Color“, die einmal mehr beweist, dass für Albers selbst Lehrtätigkeit und Künstlertum untrennbar miteinander verbunden waren.
Carlernst Kürten (Waltrop 1921–2000 Unna) wechselt mit seinen Arbeiten aus gefaltetem Chromnickelstahl, Bronzegüssen und den Holzskulpturen zwar das Medium, bleibt den Grundgedanken der Konkreten Kunst aber treu und nutzt ebenfalls das Quadrat als variables System für seine Konstruktionen. Die Erforschung und Wirkung von Farbe, die Bildung von Räumlichkeit und die Relevanz des Lichts sind auch bei ihm Kernfragen künstlerischer Gestaltung.
Mit der visuellen Interaktion zwischen Farbe, Raum und der Perspektive des Betrachters spielen auch die beiden zeitgenössischen Künstlerinnen Frauke Dannert (* 1979, Herdecke) und Erika Hock (* 1981, Dshangi-Dsher, Kirgistan), deren Installationen und Fotografien im Museum Schloss Cappenberg an das Konzept des Konkreten anknüpfen.
An Albers und Kürten angelehnt, erarbeitet auch Erika Hock in ihren „Foldings“ – Konstrukten aus poliertem Messing – anhand geometrischer Formen des Quadrates und des Dreiecks raumbildende dynamische Objekte. Frauke Dannerts Fotoserie „Gropius“ – monochrome Mehrfachbelichtungen architektonischer Details – schließt den thematischen Bogen zum Bauhaus, mit dem im Grunde jene gleichermaßen analytischen wie künstlerischen Herangehensweisen an Farbe – dem “relativsten Mittel der Kunst“, wie Albers es einst formulierte – und Raum begannen.
Dr. Denise Susnja hat Kunstgeschichte studiert und über künstlerische Polaroid-Fotografie promoviert.
Über Farbe und Raum
8.9.2024 – 2.2.2025
Museum Haus Opherdicke
Dorfstr. 29
D-59439 Holzwickede
Tel.: +49-2301-9183972
Di – So 10:30 – 17:30 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 2 €
www.kreis-unna.de
Über Farbe und Raum
27.10.2024 – 16.3.2025
Museum Schloss Cappenberg
Schlossberg 1b
D-59379 Selm
Tel.: +49-2301-9183972
Di – So 10 – 17:30 Uhr
Eintritt: 6 €, erm. 3 €
www.kreis-unna.de
Text: Dr. Denise Susnja
Bild: Museum Haus Opherdicke
Erstveröffentlichung in kunst:art 101