Die Helmut Newton Stiftung widmet sich der Polaroidfotografie

7.3. – 27.7.2025 I Helmut Newton Foundation

Helmut Newton, Italian Vogue, Monte Carlo 2003

Ein Stück Fotografiegeschichte

Nach dem medienwirksamen Insolvenzverfahren der Firma Polaroid im Jahr 2008 konnte diese ebenso auf eine fast 70-jährige Erfolgsgeschichte mit diversen innovativen Entwicklungen der technischen Möglichkeiten zurückblicken wie auf unzählige Menschen, die sich der Sofortbildfotografie sowohl laienhaft als auch künstlerisch bedient hatten. In den frühen Jahren zählten Ansel Adams und Philippe Halsman zu den begeisterten Anhängern, in der Folgezeit schlossen sich etwa Lucas Samaras, Oliviero Toscani oder Hannah Villiger an und bis heute scheint die Reihe der künstlerischen Positionen – verkörpert etwa durch Stefanie Schneider oder Pola Sieverding – nicht enden zu wollen.

Der künstlerisch ambitionierte Umgang mit der Polaroidfotografie, die sich verstärkt ab den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts offenbart, steht im Zentrum der aktuellen Ausstellung der Helmut Newton Stiftung. Die zahlreichen aus dem Berliner Stiftungsarchiv stammenden Sofortbilder von Helmut Newton, der über Jahrzehnte die Polaroidfotografie nutzte, werden von Arbeiten rund sechzig weiterer Fotografen und Fotografinnen flankiert. Als Leihgaben von OstLicht Wien, die umfangreiche Exponate der einstigen „Polaroid Collection“ aus der Konkursmasse kaufte und einen zusammenhängenden Teil der Firmensammlung vor der Versteigerung und Zerstreuung durch das New Yorker Auktionshaus Sotheby’s bewahrte, sind nun in Berlin auch Sofortbilder von Jeanloup Sieff, Steven Shore oder Judith Eglington zu sehen.

Das mediale Spektrum des Polaroids wird durch die mannigfaltigen
Facetten seiner Daseinsform bestimmt, denn neben der wohl populärsten Variante als kleinformatiges Sofortbild mit der weißen Einfassung des Bildfeldes, welches etwa von Newton oder Warhol gerne genutzt wurde, sind es vor allem die gestochen scharfen und großformatigen (51 cm x 61 cm) Fotografien von William Wegman oder Sandy Fellman, die zunächst nicht an die Technik des Polaroids denken lassen.

Die rückwärtsgewandte Auseinandersetzung mit der in heutigen Tagen nahezu antiquiert wirkenden Technik der Sofortbildfotografie ist vor allem daher von Bedeutung, als dass sie in einer medialen Simplizität ebenso die theoretischen und rhetorischen Figuren wie Index, Original und Unikat wie den Akt des Fotografierens per se aufs Neue tangiert. Ungeachtet dessen, dass ein Gros der Künstler die Polaroidkamera als “unglaubliches Spielzeug” oder auch als “Krücke” bezeichnet haben, sie als detailreiche Regieanweisung, Bildskizzen oder Vorstudien nutzen und ihr somit keinen autonomen Kunstcharakter zusprechen, ist sie doch als legitimer Teil des künstlerischen Schaffensprozesses nicht wegzudenken.

Anhand der Berliner Ausstellung, deren Repräsentation eher einer chronologischen denn einer genrespezifischen Logik folgt, lässt sich auf evidente Weise nachspüren, wie das Polaroid sich in seiner eigenen Historie stets von dem negativ konnotierten Status als Schnappschuss zu lösen versuchte und doch immerfort zwischen medialem Fortschritt und Anachronismus fluktuierte.

Dr. Denise Susnja hat zu künstlerischer Polaroidfotografie promoviert.

Polaroids
7.3. – 27.7.2025
Helmut Newton Foundation
Museum für Fotografie
Jebensstr. 2
D-10623 Berlin
Tel.: +49-30-31864825
Di – So 11 – 19 Uhr, Do 11 – 20 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 6 €
www.helmut-newton-foundation.org