von Dieter Begemann //
Der Gegensatz ist faszinierend: Angesichts der kraftvollen Bildhauerei des Hausheiligen Ernst Barlach – zu sehen in einem Flügel und im überdachten Innenhof– wirkt die Malerei von Antonio Calderara noch leiser! Ihre Subtilität verlangt und belohnt den genauen Blick, geradezu die Versenkung. Das Hamburger Barlach Haus nämlich, in direkter Nachbarschaft zur prächtigen Jenisch-Villa im gleichnamigen Park, zeigt derzeit eine über fünf Jahrzehnte gehende Schau des Norditalieners. Das ist umso verdienstvoller, als die letzte Ausstellung in Deutschland schon bald vierzig Jahre zurückliegt. Dabei gibt es mit dem Werk des 1903 geborenen Künstlers eine wirkliche Entdeckung zu machen. Nach Abbruch eines Ingenieurstudiums arbeitete Calderara bis zum Ende der 50er Jahre ausschließlich gegenständlich. Bevorzugtes Motiv war dabei die Landschaft des oberitalienischen Orta-Sees, in dessen Umgebung der Künstler fast sein gesamtes Leben verbrachte. Spiegelungen von Gebäuden im stillen Wasser des Sees, die umschließenden Berge, weibliche Figuren in Interieurs. Stets finden sich im intimen Format entschiedene Reduktion und vor allem eine eigenwillige, lichte Farbigkeit, die den Blick nachhaltig zu fangen vermag: Schier unendliche Schattierungen von Grau, zarte schwefelige Gelbs und sparsamst gesetzte, warme Einsprengsel in Ockertönen. Von hier aus war der Weg nicht mehr weit zur gänzlichen Abstraktion, die der (1978 gestorbene) Künstler in den 60ern pflegte, ohne dabei aber die gegenständlichen Motive aufzugeben.
Antonio Calderara
Lichträume. Malerei aus fünfzig Jahren
11.2. – 3.6.2018, Ernst Barlach Haus
Jenischpark, Baron-Voght-Str. 50a, D-22609 Hamburg
Tel.: +49-40-826085
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 5 €
www.ernst-barlach-haus.de
Text aus der kunst:art 60
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.