„Dies alles ist ein ganz großer Teil unserer Existenz, wir sollen es nicht vergessen,“ antwortete Grace Weaver, als sie nach den Prämissen ihrer flachen, mit breiten Pinseln entworfenen Porträts von Männern und Frauen gefragt wurde. Für die 1989 in Vermont geborene und im akademischen Milieu aufgewachsene Künstlerin stand von vornherein fest, dass sie keine schönen Bilder malen will, sondern dass es ihr vielmehr darum geht, ihr Gefühl auszudrücken, vor allem als Corona, wie sie sagt, alles veränderte. Wenn sie durch die Straßen ging, sah sie unzählige Gesichter und Emotionen, die sich zu akkumulieren schienen, und dabei blieben sie dennoch flach, eindimensional und oft bekümmert, zuweilen auch reduziert auf ein Paar High Heels.
Dies fing Weaver zunächst mit dem Kohlestift ein, dann mit breiten Pinseln. Sie wollte dieser so empfundenen „Flächigkeit“ eine entsprechende Ausdrucksform geben, auch wenn in manchem Gesichts- oder Körperausdruck eine Symbiose von mehreren, sukzessiv erscheinenden Figuren oder auch Ausdrücken zu finden ist. Weaver beruft sich dabei auf die Malerkonzepte in Georg Baselitz’ „Helden“ (ohne Bildumkehrung) und betont, wie wichtig für sie ihre sich wiederholenden Zeichenstudien in Kohle waren, die sie letztendlich zu einer eigentümlichen Wahrnehmung „des Theaters des öffentlichen Lebens“ führten, das ihr tagtäglich neue Impulse lieferte, je nachdem, wie sie dieses „Theater“ empfand: „Allein auf der Straße, ängstlich“, ist eine ganz andere Ebene, als Menschen zu beobachten, die joggen oder einfach nur rauchen.
Grace Weaver
bis zum 16.6.2024
Neues Museum Nürnberg
Luitpoldstr. 5
D-90402 Nürnberg
Tel.: +49-911-2402069
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt : 7 €, erm. 6 €
www.nmn.de
Text: Dr. Milan Chlumsky
Bild: Neues Museum Nürnberg
Erstveröffentlichung in kunst:art 93