
Abstraktion als Zukunftsversprechen
Die künstlerische Abstraktion war bekanntlich schon im frühen 20. Jahrhundert auf den Plan getreten, gelangte aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu voller Blüte. In der heutigen (wieder höchst unfriedlichen) Zeit mag es fast sonderbar anmuten, mit welcher Emphase damals, in den 1950er- und frühen 60er-Jahren, Künstler auftraten, die nach generationsbedingt reichlichen eigenen Erfahrungen mit Krieg und Gefangenschaft ihre gegenstandslose Malerei als „Weltkunst für Frieden und Freiheit“ verstanden.
Die renommierte Berner Galerie Henze & Kettererer stellt unter dieses optimistische Banner ihre Ausstellung mit den Heroen dieser „Abstraktion als Weltsprache“, um ein anderes Schlagwort jener Jahre zu paraphrasieren. Den Beginn macht Ernst Ludwig Kircher, der im Sinne expressionistischer Ausdruckssteigerung in den 20ern die Gegenständlichkeit zunehmend hinter sich ließ. Im Zentrum der Ausstellung stehen aber die großen Namen des dann tatsächlich durchgängig abstrakten Informel. Pendelnd zwischen Deutschland und Frankreich, zumeist Paris, sind das Bernhard Schultze, Fred Thieler, Hann Trier und Fritz Winter. Nicht ganz so bekannt, aber gleichfalls sehenswert die mal leise vom Surrealismus kündenden, mal eher zart lyrischen Abstraktionen von Francis Bott, Günther Gumpert und Theodor Werner. Diese Ausstellung ist zugleich ein Rückblick in die Kunstgeschichte: Auf der Documenta II hatte diese Richtung ihren triumphalen Auftritt.
Weltkunst für Frieden & Freiheit
bis zum 20.12.2024
Galerie Henze & Ketterer
Kirchstr. 26
CH-3114 Wichtrach/Bern
Tel.: +41-31-7810601
Di – Fr 14:30 Uhr – 17:30 Uhr
Eintritt frei
www.henze-ketterer.ch
Text: Dieter Begemann
Bild: Galerie Henze & Ketterer
Erstveröffentlichung in kunst:art 99