Das Unfassbare sichtbar machen
In ihrer malerischen Existenz von Auflösung bedroht, spricht Verletzlichkeit, aber auch Wut und Wildheit aus den Figuren von Miriam Cahn. Sie sind meist nackt und nicht nur Farbflächen, sondern auch Ereignissen ausgesetzt, die sich inner- oder außerhalb der Darstellung vollziehen.
Inspiriert von Video- und Performance-Art, inklusive erster feministischer Statements, stellt die Schweizer Künstlerin den Körper und seine Bedingtheit Ende der 1960er-Jahre ins Zentrum ihrer malerischen und zeichnerischen Praxis. Bei der Arbeit im Atelier nutzt sie in den Anfängen auch den eigenen Leib als künstlerisches Mittel. Mutig und streitbar verhandelt sie nun schon seit über fünfzig Jahren Themen wie Liebe, Sex, Gewalt, Verfolgung und Tod und nimmt dabei häufig Bezug auf aktuelle Geschehnisse, die die Öffentlichkeit – zumindest auf emotionaler Ebene – kaum zu begreifen scheint: wie die Zerstörung von Leben durch Kriege und Flucht.
Gerade in den letzten Jahren ist die berühmte, 1949 in Basel geborene Malerin vielfach ausgezeichnet worden. Nun hat ihr die Stadt Goslar den Kaiserring, einen der wichtigsten deutschen Kunstpreise, zugedacht. In der dazugehörigen Ausstellung im Mönchehaus Museum Goslar ist ein Querschnitt ihres Schaffens zu sehen. Cahn wird bei der Verleihung des Kaiserrings im Oktober nicht anwesend sein. Sie möchte, dass ihr Werk für sich selbst spreche, so die Künstlerin. Das wird es auf seine so subtile wie eindringliche Weise ganz sicher tun.
Miriam Cahn. Kaiserring der Stadt Goslar 2024
12.10.2024 – 27.1.2025
Mönchehaus Museum Goslar
Mönchestr. 1
D–38640 Goslar
Tel.: +49-5321-4948
Di – So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 1,50 €
www.moenchehaus.de
Text: Dr. Julia Behrens
Bild: Mönchehaus Museum Goslar
Erstveröffentlichung in kunst:art 99