Ein Leben in vollen Zügen
Die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Fritz Koenig (1924–2017) begannen an seinem eigentlichen Geburtstag am 20. Juni mit der Eröffnung der Ausstellung „Lebensstationen“. Mit dieser umfassend recherchierten Sonderschau festigt das Koenig Museum unter der Leitung von Dr. Alexandra von Armin seine Rolle als führendes Forschungszentrum für Fritz Koenigs Werk und dessen Platz in der Kunstgeschichte. Gemeinsam mit Miro Craemer und Dr. Bernhart Schwenk wurde eine Ausstellung zusammengestellt, welche die unterschiedlichsten Facetten von Koenigs Künstlerpersönlichkeit beleuchtet. Die Kuratoren haben einige „Lebensstationen“ herausgearbeitet, wie: der Bildhauer, der Architekt, der Kosmopolit, der Sammler, der Pferdeflüsterer, der Landshuter und der Liebende.
Diese Lebensstationen Koenigs sind in großen silberfarbenen Buchstaben an der Fassade des Museums zu sehen und interagieren mit der Öffentlichkeit, indem sie eine Verbindung zwischen der Kunst drinnen und den Bewohnern und Gästen seiner Geburtsstadt draußen herstellen. Dies ist durchaus passend, wenn man bedenkt, dass es weltweit über 300 Skulpturen im öffentlichen Raum von Fritz Koenig gibt. Im Innenraum erwartet die Besucherinnen und Besucher die erste biografisch orientierte Ausstellung über Fritz Koenig seit der Eröffnung des Museums im Jahr 1998. Skulpturen, Grafiken, Interviews mit Zeitzeugen und nie zuvor gesehene Fotos zeichnen das Leben eines eigenwilligen Künstlers in seinen vielfältigen Rollen nach. Von seiner Schulzeit, seiner Zeit als Soldat, seiner Ausbildung zum Bildhauer, seinem Leben als Christ, seiner Ehe mit Maria Koenig (1921–2010, über 50 Jahre seine Partnerinn), der Landshuter Hochzeit, seiner Leidenschaft als erfolgreicher Pferdezüchter und mehr — die Ausstellung stellt den Menschen hinter der Kunst auf eine umfassende Weise vor und lässt die Akribie der Recherche zu Fritz Koenigs Leben und Werk spüren.
Der Bildhauer installierte 1971 die damalige größte Bronzeplastik der Welt, „Große Kugelkaryatide N.Y.“, auch bekannt als „The Sphere“ , auf dem Platz zwischen den beiden Türmen des World Trade Centers. Dies war der unbestrittene Höhepunkt seines künstlerischen Lebens. Wie durch ein Wunder überstand die Skulptur, zwar angeschlagen, aber grundsätzlich intakt, die Katastrophe, die die Türme zerstörte und viele Menschenleben forderte. Sie ist heute ein weltberühmtes Mahnmal in New York City für die Anschläge vom 11. September 2001. So wie das Schicksal der „Sphere“ eine Allegorie des Überlebens und des Triumphs über widrige Umstände ist, kann man Parallelen zwischen Koenigs berühmtestem Werk und seiner eigenen Lebensgeschichte erkennen. Die Ausstellung „Lebensstationen“ bietet die Möglichkeit, das Verständnis und die Wertschätzung für Fritz Koenigs Kunst durch Einsichten in seine Biografie zu vertiefen, und gleichzeitig bietet die Schau einen Einblick in die Kultur- und Sozialgeschichte des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Auf jeden Fall eine Reise nach Landshut wert.
Karin Schneider ist Zeithistorikerin und lebt in Wien.
100 Fritz Koenig. Lebensstationen
bis zum 31.7.2025
KOENIGmuseum
Am Prantlgarten 1
D-84028 Landshut
Tel.: +49-871-89021
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt frei
www.koenigmuseum.de
Text: Karin Schneider
Bild: KOENIGmuseum
Erstveröffentlichung in kunst:art 99