Die Krise des Materials
Keramik, verbranntes Holz, Gelatine oder Frischhaltefolie – die Kunst von Gereon Krebber (* 1973) bedient sich heterogenster Materialien, um aus ihnen abstrakte, oft morbide anmutende Strukturen oder biomorphe Gefüge wachsen zu lassen. Ihnen gemein ist, dass sie stets eine ambivalente Ebene enthalten. Ebenso zeigt sich eine Schnittmenge in der Verwendung von Materialien, die inzwischen äußerst kritisch zu sehen sind: Das gilt für die aus Knochen hergestellte Gelatine ebenso wie für Frischhaltefolie, die heute vor allem an die allgegenwärtige Plastifizierung und das Mikroplastik in den Meeren denken lässt.
Der Künstler erkennt an, dass sich die Wahrnehmung der Materialien rasant verändert hat – und dieser Perspektivwechsel führte ihn zu seiner jüngsten Präsentation in der Kölner Galerie Christian Lethert: Hier werden ältere Werke einer Neubetrachtung unterzogen, teils fragmenthaft wiederverwendet und somit kompromisslos in der Gegenwart verankert. Außerdem fungiert eine großformatige Bodenskulptur als Materialdatenbank; in ihren Stahlmodulen ist Schichtholz montiert als eine Art Stellvertreter, um die in eine Krise geratenen Materialien einer Revision zu unterziehen. Jene Skulptur, die Materialproben zu einem Archiv formt, markiert das Zentrum von Galerieraum und Ausstellung, während weitere Objekte von der Decke hängen und wie Werkzeuge an der Wand lehnen, als würden sie die Betrachtenden auffordern, selbst aktiv zu werden. Als würden sie Partizipation fordern im Krisenmanagement zum künstlerischen Material. Ninja Elisa Ohls-Felske
Gereon Krebber. Kompartimento
27.9.2024 – 17.1.2025
Galerie Christian Lethert
Antwerpener Str. 52
D-50672 Köln
Tel.: +49-221-3560590
Mi – Fr 14 – 18 Uhr, Sa 10 – 15 Uhr
Eintritt frei
www.christianlethert.com
Text: Ninja Elisa Ohls-Felske
Bild: Galerie Christian Lethert
Erstveröffentlichung in kunst:art 99