Josephine Baker im Francisco Carolinum

11.4. – 7.9.2025 | Francisco Carolinum Linz

Josephine Baker, 1927 (Unbekannter Fotograf)

Tanzend zum Widerstand

1906 als uneheliches Kind in einem Armenviertel in St. Louis geboren, traf Josephine Baker auf ein raues Lebensumfeld. Bereits im Alter von sieben schickte ihre Mutter sie als Hausmädchen für weiße Familien arbeiten. Lang war die Reihe an Hausherrinnen, welche sie drakonisch straften und unmenschlich behandelten. Auch wurde sie in früher Jugend Zeuge eines Pogroms, bei dem fast hundert Afroamerikaner starben. Erfahrungen, die sie nach einem Ticket hinaus aus dieser ihr feindlichen Lebenswelt suchen ließen. Ihrer Meinung nach gab es für ein Mädchen nur drei Möglichkeiten zum Entfliehen: „als Dienstmädchen, Prostituierte oder Tänzerin.“ Ihr Weg auf die Bühne war zunächst ihrer „zu dunklen Hautfarbe“ wegen widrig, auch weil sie „zu dünn“ oder „zu klein“ war. Sie schaffte es schließlich und wurde für eine Show in Paris entdeckt. Vor genau 100 Jahren gelang ihr 1925 der Sprung von New York nach Paris zu „La Revue Nègre“.

Hier lebte sie ohne Rassentrennung, als Gleiche unter Gleichen und fühlte zum ersten Mal eine ungekannte Freiheit. Doch zum Start der Show kamen Zweifel auf, ob diese als zu amerikanisch, zu prüde vom Pariser Publikum abgelehnt werden würde. Josephine nutzte ihre Chance und tanzte eine Mischung aus clownesker Verführerin im wilden Charleston und spaltete das Pariser Publikum. Manche waren verstört, andere verzückt, aber kurze Zeit später kannten alle Josephine Baker, den aufstrebenden Star der Revue.

Sie war ein Paradox. Vollführte kraft- und schwungvolle Bewegungen, welche rassistische Narrative bedienten, tanzte Klischees und tanzte sich durch eben diese Stereotype so frei es irgend ging. Sie nahm die Rolle der exotischen Tänzerin, kehrte diese um und schleuderte dem Publikum bezaubernd lächelnd die eigenen Vorurteile entgegen. Baker wurde zum Star der Show, welche ihr Ticket aus der Apartheid wurde. Sie brachte den Charleston nach Paris, tanzte eine Mischung aus Ballett, Stammestänzen und Burlesque im ikonischen Stil. In Latzhose, Bananenrock, Federn, mit nahezu nichts an oder in voller Eleganz gekleidet, machte sie sich jeden Look zu eigen. Ihre Berühmtheit nutzte sie jedoch, um sich gegen Unterdrückung zu erheben und für Menschenrechte und Gerechtigkeit zu kämpfen.

Nach ihren legendären Show-Erfolgen, für welche sie ihr Portfolio noch um Gesang erweiterte, schließt sie sich im Zweiten Weltkrieg der Luftwaffe und dem Geheimdienst der Résistance an. Auch unterstützte sie die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und wurde von Martin Luther King Jr. als einzige weibliche Rednerin beim Marsch auf Washington eingeladen. Vor dem Lincoln Memorial verkündete sie in Militäruniform gekleidet, dass dies der glücklichste Tag ihres Lebens sei. Sie lebte einen Gegenentwurf zur Rassentrennung und adoptierte zwölf Waisenkinder unterschiedlicher Hautfarben als „Regenbogenfamilie“. Die Ausstellung „JOSEPHINE BAKER. IDOL IKONE INSPIRATION“ zeichnet nun mit Kunstwerken, zeitgenössischen und popkulturellen Filmdokumenten, zahlreichen Originalfotografien und Objekten sowie Leihgaben ihren beeindruckenden Weg vom ersten weiblichen Superstar mit afroamerikanischen Wurzeln zur französischen Nationalheldin nach.

Johanna Bayram lebt und arbeitet in NRW.

Josephine Baker. Idol Ikone Inspiration
11.4. – 7.9.2025
Francisco Carolinum Linz
Museumstr. 14
A-4020 Linz
Tel.: +43-732-772052200
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 6,50 €, erm. 3 €
www.ooekultur.at

Text: Johanna Bayram
Bild: Francisco Carolinum Linz
Erstveröffentlichung in kunst:art 103