Suzanne-Duchamp-Retrospektive in Zürich

6.6. – 7.9.2025 | Kunsthaus Zürich

Suzanne Duchamp, Construction, 1913

Die einzige Schwester in diesem Raum

Die Arbeiten der Dadaistin und Malerin Suzanne Duchamp (1889–1963), Schwester von Marcel Duchamp, Raymond Duchamp-Villon und Jacques Villon, war auf dem aktuellen Stand der Kunstentwicklung ihrer Zeit. Das Kunsthaus in Zürich, der Stadt, in der 1916 Dada geboren wurde, ist stolz darauf, zum weltweit ersten Mal das Werk von Suzanne Duchamp in einer umfassenden Retrospektive in all seinen Facetten zu präsentieren — von ihren frühen abstrakten Kompositionen und dadaistischen Experimenten bis hin zu den figurativen Werken ihrer späteren Jahre.

Die Gastkuratorin Talia Kwartler hat mehrere Jahre lang eingehend über Duchamp recherchiert und ihre Doktorarbeit über die Künstlerin am University College London geschrieben. Dank ihres Engagements haben sie und Kunsthaus-Zürich-Kuratorin Cathérine Hug die geplante Präsentation zu einem einzigartigen Überblick erweitert. Mit rund fünfzig Gemälden, zwanzig Arbeiten auf Papier und seltenem Archivmaterial sowie alten Fotografien zeigen sie ein breites Spektrum von Duchamps Werk. Viele Werke wurden erst dank intensiver Forschung wiederentdeckt und werden zum ersten Mal ausgestellt.

Suzanne Duchamp erkundete in ihrer Kunst die Grenze zwischen Malerei und Wortspiel. Ihre Werke oszillieren zwischen Abstraktion und Figuration, oft begleitet von rätselhaften Titeln, die neue Assoziationen hervorrufen. Die amerikanische Malerin und Kunstmäzenin Katherine S. Dreier beschrieb ihre Freundin Duchamp als „halb-abstrakte Malerin“ — eine treffende Beschreibung für eine Künstlerin, die sich den kunsthistorischen Konventionen entzieht. Duchamps Engagement in avantgardistischen Künstlerkreisen auf beiden Seiten des Atlantiks begann während des Ersten Weltkriegs und intensivierte sich in den Jahren danach. Dies reichte von der Korrespondenz mit ihrem älteren Bruder Marcel, als dieser in New York lebte, bis zur Zusammenarbeit mit vielen Künstlern, die nach dem Krieg nach Paris zurückkehrten. Ihr besonderes Interesse galt dem Schweizer Maler und Grafiker Jean Crotti (1878–1958), der sich 1915-16 ein New Yorker Atelier mit Marcel Duchamp teilte und den sie 1919 heiratete.

Im Dialog mit Dada-Künstlern auf beiden Seiten des Atlantiks erforschte Suzanne Duchamp das Readymade durch Gemälde, die moderne, maschinell hergestellte Materialien und Objekte enthalten. Sie kombinierte diese unorthodoxen Elemente mit poetischen Inschriften und rätselhaften Titeln, um zu erkunden, wie Readymade, Wortspiele und Poesie zusammenwirken können. Während sich ihre Malerei in den 1910er-Jahren zunehmend in Richtung Abstraktion entwickelte, blieb sie den visuellen Bezügen stets treu. Doch 1922 vollzog sie aus noch nicht geklärten Gründen einen unerwarteten Bruch mit Dada und wandte sich der figurativen Malerei zu.

Suzanne Duchamp war eine Pionierin des französischen Dadaismus, die als Teil der Pariser Avantgarde die turbulenten Wellen des Modernismus meisterte. Ihre Technik, die den respektlosen Geist des Dadaismus verkörperte, kombinierte Collage, Text und einprägsame Bilder, um Geschlechterrollen und soziale Normen mit scharfem, avantgardistischem Spürsinn zu analysieren. Die Kunst von Suzanne Duchamp beschäftigt sich mit den emotionalen Kämpfen um Identität und Modernität und fängt den stillen Umbruch ihrer Zeit visuell ein. Ein Katalog wird diese faszinierende und lohnenswerte Ausstellung begleiten.

Dr. Renée Gadsden eröffnet am 5. Juni 2025 die von ihr „ROTUNDA“ (aktueller Titel: „Begegnungsmusik“) genannte Ausstellung mit einer interaktiven Musikinstallation des Komponisten Rupert Huber, die sie seit vielen Jahren für das Atrium der Pinakothek der Moderne in München konzipiert hat.

Suzanne Duchamp. Retrospektive
6.6. – 7.9.2025
Kunsthaus Zürich
Heimplatz
CH-8001 Zürich
Tel.: +41-44-2538484
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt: 31 CHF, erm. 22 CHF
www.kunsthaus.ch

Text: Dr. Renée Gadsden
Bild: Kunsthaus Zürich
Erstveröffentlichung in kunst:art 103